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Hat Acetylsalicylsäure eine Zukunft bei Patienten mit VHF und ACS?

Patienten mit Vorhofflimmern bekommen standardmäßig eine Antikoagulationstherapie. Diese wird bei gleichzeitigem Vorliegen eines akuten Koronarsyndroms durch eine duale Plättchenhemmung ergänzt. Die Hauptsorge von Arzt und Patient ist dabei das Risiko schwerer Blutungsereignisse.

ASS als Option in der kombinierten Antikoagulationstherapie

Patienten mit Vorhofflimmern bekommen standardmäßig eine Antikoagulationstherapie. Diese wird bei gleichzeitigem Vorliegen eines akuten Koronarsyndroms (acute coronary syndrome; ACS) durch eine duale Plättchenhemmung ergänzt. Die Hauptsorge von Arzt und Patient ist dabei das Risiko schwerer Blutungsereignisse. Welche Kombinationsmöglichkeiten von Medikamenten bieten sich hier? Ist Acetylsalicylsäure (ASS) bei diesen Patienten eine Option in der kombinierten Antikoagulationstherapie?

Etwa 15 % der Patienten mit VHF entwickeln begleitend ein akutes Koronarsyndrom (ACS). Die aktuellen ESC-Leitlinien empfehlen bei VHF eine orale Antikoagulation zur Verminderung des Schlaganfallrisikos. Ausgenommen davon sind lediglich Männer mit einem CHA2DS2-VASc von 0 und Frauen mit einem Score von 1. Die Langzeitempfehlung der Leitlinie zur Prävention eines ACS empfiehlt eine duale Plättchenhemmung für bis zu 12 Monate nach einem Ereignis.

Für Arzt und Patient bedeutet diese Kombinationstherapie aus Plättchenhemmung und Antikoagulation ein sehr viel höheres Blutungsrisiko. Was ist also zu tun? Welche Kombinationsmöglichkeiten bieten sich zur Behandlung dieser Patienten?

Die Qual der Wahl

Derzeit existieren aufgrund der Vielzahl an verfügbaren Medikamenten circa 2,8 Millionen mögliche Therapiekombinationen zur antithrombotischen Behandlung von Herz-Kreislauf-Patienten, die alle unterschiedlich hohe Blutungsrisiken haben können.

Die Entscheidung, welche Kombination für einen konkreten Patienten die beste ist, wird dadurch zusätzlich erschwert, dass es bisher keine belastbaren Studiendaten dazu gibt. Dennoch, einige Studien sind bereits unterwegs, sodass die nähere Zukunft hier erste Antworten liefern sollte.

PIONEER AF-PCI (Rivaroxaban) und RE-DUAL PCI (Dabigatran) sind bereits abgeschlossen. Für AUGUSTUS ACS/PCI (Apixaban) und ENTRUST AF-PCI (Edoxaban) werden die Ergebnisse im Verlauf 2019 bzw. 2020 erwartet.

RCTs geben klares Votum für NOACs

Aus den bisher verfügbaren Studiendaten geht hervor:

  • Die Kombination von ASS, P2Y12-Inhibitoren und OAC (orale Antikoagulation) erhöht das Blutungsrisiko in der Antikoagulationstherapie.
  • Eine Strategie zur Risikoreduktion könnte darin bestehen, die Dauer der dualen Plättchenhemmung in Patienten zu verkürzen, welche einer OAC bedürfen. Darüber hinaus könnte Clopridogrel anstelle eines potenteren P2Y12-Inhibitors eingesetzt werden.
  • PIONEER AF-PCI und RE-DUAL PCI schlagen eine duale Therapie mithilfe von NOACs kombiniert mit einer Plättchenhemmung vor. Alternativ könnte eine Dreifachkombination mit NOAC und dualer Plättchenhemmung eingesetzt werden. In beiden Fällen treten weniger Blutungsereignisse auf als in einer VKA-basierten Dreifachtherapie. Cave: Die Ergebnisse beider Studien sind jedoch mit Vorsicht zu interpretieren. Zum einen wurden nur Patienten mit PCI eingeschlossen. Zum anderen ist unklar, ob die Reduktion des Blutungsrisikos in RE-DUAL aus dem Einsatz von Dabigatran oder aus dem Weglassen von ASS resultierte. Die Frage, ob ASS in Kombination mit Antikoagulation und Plättchenhemmung einen zusätzlichen Vorteil bietet oder nicht, wird hoffentlich die AUGUSTUS-Studie in den kommenden zwei Jahren beantworten können.

Fazit

Bei Patienten mit VHF und gleichzeitig bestehendem ACS ist die Blutungsneigung therapiebedingt erhöht. Empfehlungen für die optimale Behandlungskombination aus Antikoagulation und Plättchenhemmung können derzeit aufgrund fehlender Studiendaten nicht gegeben werden.

Es deutet sich jedoch auf Datenbasis der PIONEER- und RE-DUAL-Studien an, dass eine Kombination unter Einbeziehung der NOACs das Blutungsrisiko dieser Patienten reduzieren könnte. Welche zusätzliche Rolle ASS dabei spielt, werden die Ergebnisse der AUGUSTUS-Studie in den kommenden Jahren zeigen. Schon jetzt sollte aber beachtet werden, dass die Kombination aus ASS, P2Y12-Inhibitoren und OAC zu einem erhöhten Blutungsrisiko führt und daher nicht empfohlen wird.

Quelle:
"Atrial fibrillation patients who develop acute coronary syndrome: is there a role for ASS?" (Veranstalter: Bristol-Myers Squibb und Pfizer Alliance), 27.08.2018, ESC München