Die Immuntherapie hat in den vergangenen zehn Jahren einen Siegeszug ausgehend von der Dermatologie über das Lungenkarzinom bis in die Urologie hinein angetreten. Die bekanntesten Vertreter der neuen Immunmedikamente sind die Checkpoint-Inhibitoren, wie z. B. das Nivolumab. Jedoch bietet die Immunonkologie noch weitaus mehr Wirkmechanismen, die es sich zu erforschen lohnt.
Die spezifische Immunabwehr des menschlichen Körpers ist besonders wichtig für die Immunonkologie. Tumor-reaktive T-Zellen erkennen fremd und eigen und töten gezielt Tumorzellen ab. Bedeutsam ist darüber hinaus das Vermögen dieser T-Zellen mit anderen Immunzellen zu kommunizieren und sich auch spezifisch an die jeweiligen Tumorantigene "zu erinnern".
Dieser Mechanismus der Immunabwehr bildet unter anderem die Grundlage für die aktive Immuntherapie, auch als "Tumor-Impfung" bezeichnet. Dabei kommt es nach Injektion eines Antigens zum Anlaufen einer Antigenpräsentationskaskade, an deren Ende eine Antwort auf das entsprechende Antigen erfolgt.
Eine der bekanntesten "Tumor-Impfungen" stammt aus der Urologie; Sipuleucel-T beim Prostatakarzinom. Die Ansprechraten liegen bei diesem Behandlungsansatz bei etwa 10-20 %, die Rückbildung des Tumors ist aufgrund der langen Antigenpräsentationskaskade verzögert.
In einem weiteren Therapieansatz kommen Tumor-infiltrierende T-Zellen zum Einsatz, die aus dem Tumor gewonnen, aufbereitet und vermehrt sowie anschließend dem Patienten zurückinfundiert werden müssen. Das Ansprechen bei Melanom-Patienten war bisher in Studien sehr gut, die Raten der partiellen und kompletten Remission lagen bei circa 40-50 %.
Einen Schritt weiter gehen schließlich die Antigenrezeptor-modifizierenden T-Zellen. Hier werden zwei wesentliche Modifikationen unterschieden. Zum einen sind dies die T-Zell-Rezeptor-modifizierten T-Zellen (TCR-T-Zellen), bei denen jedoch zur Infusion in Tumorpatienten die MHC-Restriktionen beachtet werden müssen. Zum anderen gibt es aber auch die chimären Antigenrezeptor-modifizierten T-Zellen (CAR-T-Zellen), welche in allen Patienten anwendbar sind. Die veränderten T-Zellen bieten eine oft sehr nachhaltende Wirkung, die zudem nicht selten sehr stark ausfällt, weshalb sich eine Beobachtung der Patienten auf einer Intensivstation empfiehlt. In den USA ist eine CAR-T-Zell-Linie CD19 zur Behandlung zugelassen, allerdings kostet die Therapie etwa 500.000 $ pro Patient.
Ein ebenfalls in Deutschland bereits zugelassener Ansatz der passiven Immuntherapie ist die sogenannte Checkpoint-Modulation, z. B. mithilfe von CTLA-4-, PD1- oder PD-L1-blockierenden Antikörpern. Neben den etablierten Medikamenten Nivolumab und Ipilimumab sind derzeit weitere Checkpoint-modulierende Medikamente in der Entwicklung, wobei es nicht bei allen um die Inhibition, sondern auch um die Aktivierung der Zell-Zell-Kommunikation in der Tumorimmunologie geht.
Die Immuntherapie ergänzt sinnvoll die Tumorbehandlung bestehend aus Operation, Radiation oder Chemotherapie und kann diese möglicherweise noch nachhaltiger und effektiver machen. Die Immuntherapie ermöglicht es wahrscheinlich zukünftig sogar, immer mehr chronisch-kranke Tumorpatienten zu generieren, in einigen Fällen auch Geheilte.
Doch bei aller Begeisterung für die Immunonkologie gilt es, sich wichtige Unterschiede zu anderen Therapiemethoden bewusst zu machen, wie z. B. das verzögerte Ansprechen des Tumors auf die Medikation oder das vermeintliche Aufblähen und der anschließende regelrechte Zusammenfall des Tumorgewebes, der als Pseudoprogression bezeichnet wird.
Für das Therapie-Monitoring spielt dieses Tumorverhalten eine sehr wichtige Rolle, denn die gültigen radiologischen Bewertungskriterien nach RECIST 1.1 erfassen dies nicht und werten die Pseudoprogression daher sehr häufig fälschlicherweise als einen echten Progress.
Quelle:
Plenar "Aktuelle Therapiestrategien in der Immunonkologie", 33. Deutscher Krebskongress 2018, Berlin, 23.02.2018.