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Outcome nach einem Schlaganfall

Die Lernfähigkeit des Gehirns ist bekannt. Ist Gewebe durch einen Schlaganfall geschädigt, können benachbarte Zellen Aufgaben übernehmen und so einen Teil der Ausfälle kompensieren. Die Frage ist: Lassen sich diese Prozesse gezielt fördern, etwa durch begleitende Pharmakotherapien oder eine Gehirnstimulation?

Verbessern adjuvante Therapien das Ergebnis?

Die Lernfähigkeit des Gehirns ist bekannt. Ist Gewebe durch einen Schlaganfall geschädigt, können benachbarte Zellen Aufgaben übernehmen und so einen Teil der Ausfälle kompensieren. Die Frage ist: Lassen sich diese Prozesse gezielt fördern, etwa durch begleitende Pharmakotherapien oder eine Gehirnstimulation?

Der Schlaganfall ist die häufigste Ursache für chronische Behinderungen. Nur wenige Betroffene erlangen eine vollständige Wiederherstellung aller körperlichen und geistigen Funktionen. Etwa 31 Prozent benötigen Hilfe im Alltag, 20 Prozent haben Schwierigkeiten beim Gehen, die gleiche Anzahl leidet an chronischer Aphasie, und mehr als zwei Drittel sind teilweise oder vollständig berufsunfähig. 

Bessere und erweiterte Therapieoptionen wären also wünschenswert. Doch was beeinflusst den Outcome jenseits der Akutprävention? Prof. Dr. Agnes Flöel, Leiterin der Klinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Greifswald, ist auf dem DGN Kongress 2021 genau dieser Frage nachgegangen. 

Grundsätzlich ist die beste Therapie ein intensives Training – beim Shaping werden Fähigkeiten und Funktionen aktiv und wiederholt geübt. Therapeutinnen und Therapeuten arbeiten hier nach dem Prinzip “Hands-off”. Die Ergebnisse sind hier jedoch sehr unterschiedlich, was unter anderem eine randomisierte kontrollierte Studie der Universität Münster zur Aphasie gezeigt hat: Die Responder-Rate lag bei 44 Prozent. Bei 47 Prozent der Teilnehmenden war keine Veränderung gegenüber der Baseline feststellbar, und bei 10 Prozent fielen die Werte weiter ab. 

Begleitende Stimulation

Die anodale transkranielle Gleichstromstimulation (atDCS) ist nach Flöels Ansicht ein vielversprechender Ansatz, um die Aphasie-Rehabilitation zu unterstützen. "Das hat der Vergleich von alleinigem intensivem Training mit einer Kombination aus intensivem Training und atDCS gezeigt." Das Naming habe sich im Studienzeitraum über zwölf Monate signifikant verbessert. Wie stark sich diese Effekte auf die Alltagskommunikation auswirken, ist hingegen noch nicht bekannt. Eine entsprechende Phase-3-Studie läuft.

Noch deutlicher sind die Erkenntnisse für die Vagus-Nerv-Stimulation als adjuvante Therapie. Das hat eine britische Studie gezeigt, bei der die Vagus-Nerv-Stimulation über einen Zeitraum von sechs Wochen parallel zum Training der Arme eingesetzt wurde: Der Fugl-Meyer-Score verbesserte sich signifikant deutlicher als bei der Kontrollgruppe ohne zusätzliche Stimulation. In den USA ist das Verfahren zur Therapiebegleitung bereits zugelassen. 

Medikamentöse Optionen

Bereits 20 Jahre ist es her, dass eine Studie L-Dopa zum Hoffnungsträger für Schlaganfall-Betroffene machte. Die adjuvante Therapie führte zu einer signifikant höheren Bewegungsfähigkeit. Folgestudien lieferten jedoch gemischte Resultate. Unter anderem fielen die Ergebnisse einer großen britischen Studie (100 mg L-Dopa plus Physiotherapie) negativ aus. Unterm Strich lasse sich eine Therapieempfehlung aus den bisherigen Erkenntnissen nicht ableiten. "Vielleicht wäre L-Dopa als Dauertherapie erfolgreich", schließt Flöel. Entsprechende Studien stünden noch aus.

Als weitere Option gelten Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitoren (SSRI). Deren potenziell unterstützenden Effekte konnten jedoch in mehreren großen Studien nicht belegt werden. Im Gegenteil: Die Einnahme führte zu mehr Nebenwirkungen wie Stürzen, Frakturen und epileptischen Anfällen. Flöel sieht dennoch einen Hoffnungsschimmer durch die einzige Studie mit positiven Ergebnissen – die FLAME-Studie. Deren Teilnehmende waren zum Studienstart überwiegend sehr stark eingeschränkt. "Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass SSRI für diese Gruppe einen Nutzen haben könnten." Hier besteht also ebenfalls weiterer Forschungsbedarf. 

Kardiovaskuläres Training

Der Ansatz des adjuvanten kardiovaskulären Trainings basiert auf den grundsätzlich positiven Effekten von Bewegung auf das Gehirn und den zerebralen Blutfluss. Das Programm kann über ein Laufband erfolgen oder über einen Gangtrainer, falls das selbstständige Gehen der Patientinnen und Patienten nicht möglich sein sollte.

Eine Verbesserung kann durch diese adjuvante Therapie tatsächlich erreicht werden. In einer deutschen Studie, an der Flöel beteiligt war, hatten sich durch die regelmäßige Bewegung nach vier Wochen Gehgeschwindigkeit und Ausdauer gesteigert, auch der Barthel-Index stieg an. Allerdings waren bei schwer Betroffenen auch die Zahl der Krankenhausaufnahmen sowie erneute Schlaganfälle häufiger als in der Vergleichsgruppe. Ein Zusammenhang zu Vorerkrankungen wie Diabetes und Vorhofflimmern scheint wahrscheinlich. Flöel resümiert, dass zumindest bei stark betroffenen Patientinnen und Patienten zusätzliches kardiovaskuläres Training keine Option ist, um das Outcome der Therapie zu verbessern.

Quellen:
1. Flöel, Agnes, Prof. Dr., Leiterin der Klinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Greifswald: Was beeinflusst das Outcome jenseits der Akutprävention?, DGN Kongress 2021, Düsseldorf, 04. November 2021.
2. Breitenstein, C. (2017). Intensive speech and language therapy in patients with chronic aphasia after stroke: a randomised, open-label, blinded-endpoint, controlled trial in a health-care setting. The Lancet 2017 Apr 15;389(10078):1528-1538. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28256356/
3. Dawson, J. (2021). Vagus nerve stimulation paired with rehabilitation for upper limb motor function after ischaemic stroke (VNS-REHAB): a randomised, blinded, pivotal, device trial. The Lancet Volume 397, ISSUE 10284, P1545-1553, April 24, 2021 https://www.thelancet.com/pdfs/journals/lancet/PIIS0140-6736(21)00475-X.pdf
4. Chollet, F. (2011). Fluoxetine for motor recovery after acute ischaemic stroke (FLAME): a randomised placebo-controlled trial. Lancet Neurol. 2011 Feb;10(2):123-30. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/21216670/
5. Nave, A. H. (2019). Physical Fitness Training in Patients with Subacute Stroke (PHYS-STROKE): multicentre, randomised controlled, endpoint blinded trial. BMJ. 2019 Sep 18;366:l5101. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31533934/