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Bessere Versorgung in der Epileptologie durch Apps und Gadgets?

Können digitale Lösungsansätze zu einer besseren Versorgung von Epilepsie-Patient:innen beitragen? Darüber spricht Prof. Dr. Yvonne G. Weber auf dem DGN 2021 unter dem Titel "Übersicht über Apps und Gadgets in der Epileptologie".

Alltägliche Probleme durch digitale Lösungsansätze überwinden

Nur etwa 30% aller Epilepsiepatient:innen werden in Spezialpraxen oder Zentren betreut – doch hierin liegt nicht das einzige Problem, das eine umfassende Patientenversorgung in der Epileptologie schwierig macht, wie Prof. Dr. Yvonne G. Weber, Leiterin der Sektion Epileptologie an der Neurologischen Universitätsklinik Aachen, auf dem DGN 2021 berichtet. Können digitale Lösungsansätze Abhilfe schaffen? Darüber spricht Prof. Weber unter dem Titel "Übersicht über Apps und Gadgets in der Epileptologie".

Bei der Behandlung ihrer Patient:innen werden Epileptolog:innen mit einer Vielzahl unterschiedlichster Probleme konfrontiert: So sei prächirurgisches oder differentiealdiagnostisches Screening auf Epilepsie oder psychogene nicht-epileptische Anfälle erst etwa 10 bis 20 Jahre nach Krankheitsbeginn möglich, wie Prof. Dr. Yvonne G. Weber auf dem Neurologiekongress 2021 berichtet. Der chronische Verlauf der Erkrankung führe außerdem häufig dazu, dass Vorbefunde oft nicht (mehr) verfügbar seien, was es zusätzlich erschwere, verschiedene Aspekte der Krankheit – etwa Diagnosestellung, Pharmakologie, Fahrtauglichkeit, Genetik oder Präzisionsmedizin – bei individuellen Patient:innen korrekt einzustufen. Auch die komplexe Definition für Epilepsie – mindestens 2 unprovozierte Anfälle oder 1 unprovozierter Anfall + EEG und/oder cMRT auffällig – führe laut Weber immer wieder zu Fehldiagnosen.

Erste digitale Lösungen für eine vereinfachte Diagnostik und Patientenbetreuung sind laut der Epileptologin bereits vorhanden. Von der für Ende 2021 erwarteten digitalen Patientenakte etwa erhoffe man sich Unterstützung im Arbeitsalltag, außerdem existierten bereits mehrere Apps zur Dokumentation pharmakologischer Verläufe bei Epilepsie-Patient:innen. Auch für Patient:innen gäbe es Apps zur Dokumentation von Nebenwirkungen, Anfallsaktivität oder Medikamenteneinnahme. Zudem habe die Ruhr Epileptologie in Bochum laut Weber bereits erste gute Ansätze für ein digitales Konsilwesen etabliert. Im nächsten Schritt gibt die Referentin zu verstehen, welche technischen Grundlagen für Epileptolog:innen wünschenswert sind, um eine bessere Patientenbetreuung gewährleisten zu können:

Bisherige Epileptologie-Standards sind nicht alltagstauglich

Eine Möglichkeit all diese Aspekte gemeinsam zu erfassen, sieht Weber in einem Clinical Decision Support System (CDSS). Darunter zu verstehen sei ein Internet-basiertes Tool des Gesundheitswesens mit Patienten-basierter Datenhoheit, das bei einem Arztwechsel übertragen werden kann. Komplexe Datensätze wie Wissensbanken, klinische Tools und klinische Daten könnten darin integriert und analysiert werden, um auf deren Basis Therapie- und Managementvorschläge für die Patientenbehandlung auszugeben. Dabei könne auf Leitlinien wie Expertenwissen zurückgegriffen werden. Ein CDSS bietet dabei laut Weber ein User Interface, auf das nach der Freigabe Patient:innen mit ihren behandelnden Patient:innen gemeinsam zugreifen können. Ein solches System werde auch beispielsweise bei Tumorerkrankungen schon genutzt, daher sei eine entsprechende Umsetzung in der Epileptologie kein grundsätzlich weit entfernter Zukunftsgedanke. Als zweiten Aspekt zur Verbesserung der Patientenversorgung nennt Weber die Apparative Anfallsdetektion. Bei derzeitigen Anfallskalendern werdern laut der Epileptologin 40% der generalisierten Anfälle und 70% der fokalen Anfälle verfehlt. 

Bisherige Standards in der Epileptologie wie etwa EEGS seien nicht alltagstauglich, betont die Referentin, zudem seien für die automatisierte Detektion keine adäquaten Algorithmen verfügbar. Erste kommerziell verfügbare Anfallsdetektoren – etwa Epi-Care mobile, Epiwatch oder Smartwatches – gäbe es bereits auf dem Markt, diese fokussierten sich aber trotz unterschiedlicher Detektionsmethoden überwiegend auf generalisierte tonisch-klonische Anfälle (GTKA), wobei die Sensitivität der Geräte höchst unterschiedlich ausfalle. Das größte Problem sieht Weber bei den bislang verfügbaren Geräten allerdings in einer zum Teil sehr hohen Rate an Falschalarmen. Daher seien die aktuell verfügbaren Programme kritisch zu beäugen.

monikit: Künstliche Intelligenz als fehlendes Bindeglied?

Aus diesem Grund hat ein Forschungsteam um Weber mit dem "monikit - mobiles Anfallerkennungssytem" ein Projekt ins Leben gerufen, das mit einem auf der Haut angebrachten mobilen Brustsensor die Auswertung von EKG-Signalen mit einer auf Künstlichen Intelligenz-basierten Auswertung verknüpft. Die Auswertung der Daten werde anschließend auf eine App gespielt, in die behandelnde Ärzt:innen Einsicht haben. 

Derzeit weise das monikit eine Sensitivität von 78% auf, allerdings dabei eine falsch-positive Rate von 1,5 pro 24 Stunden. Weitere Verbesserungen sollen durch stärker individualisierte Auswertungsverfahren und die Inklusion mehrerer, verschiedener Biomarker erfolgen, um die falsch-positive Rate weiter zu reduzieren. Aus diesem Grund sei das monikit auch zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht auf dem Markt verfügbar.

Quelle: DGN Kongress 2021, Berlin: Prof. Dr. Yvonne G. Weber: Übersicht über Apps und Gadgets in der Epileptologie