Die Sturzgefahr in der Rehabilitationsphase nach Schlaganfällen ist ein wichtiges Thema, zu dem es bisher leider nur wenig Daten gibt. Eine kleine aktuelle Studie zeigt unerwartete Ergebnisse zur Mobilisierung in der subakuten Phase nach Schlaganfällen.
Mobilisierung ist gerade bei älteren PatientInnen in vielen Fachdisziplinen ein großes Thema. Den Vorteilen einer frühzeitigen Förderung der Bewegung stehen dabei immer das Sturzrisiko und das Auftreten schwerer Komplikationen (SAEs = serious adverse events) gegenüber. Bisher gibt es weder einheitliche Ergebnisse über Risiko und Nutzen von frühen Mobilisierungsmaßnahmen in der Rehabilitationsphase nach Schlaganfällen noch zum idealen Zeitpunkt oder zu geeigneten Sturzpräventionsmaßnahmen.
Es existieren mehrere Studien zum Thema Mobilisierung in der akuten Phase nach Schlaganfällen. Im Rahmen der AVERT-Studie wurden beispielsweise die Auswirkungen von frühen Interventionsmaßnahmen innerhalb der ersten 24 Stunden untersucht, mit dem Ergebnis, dass dadurch das Auftreten von SAEs nicht erhöht ist. Eine andere japanische Studie hat sich ebenfalls dem Thema Sturzgefahr gewidmet und festgestellt, dass Stürze vor allem tagsüber, im Winter und innerhalb von Gebäuden auf dem Weg zum Bad auftreten. Die Auswertungen ergaben, dass 7% der Betroffenen innerhalb der ersten Woche stürzen, 37% während der ersten sechs Monate und 73% innerhalb des ersten Jahres. Außerdem erhöht sich das Risiko für weitere Stürze, wenn es bereits zu einem Ereignis kam.
Die aktuelle Physstroke-Studie hat nun erste Ergebnisse zu den Auswirkungen einer Mobilisierung in der subakuten Phase veröffentlicht. In dieser randomisierten Studie wurden zwei verschiedene Gruppen untersucht. Eine davon erhielt begleitend zum standardisierten Nachbehandlungsschema zusätzlich fünfmal die Woche jeweils 25 Minuten Fitnesstraining, die Vergleichsgruppe stattdessen verschiedene Entspannungsverfahren. Beobachtet wurde das Auftreten von SAEs, welche definiert waren als:
Verglichen wurden die Auswertungen einmal nach vier Wochen und einmal nach sechs Monaten, mit dem Ergebnis, dass in beiden Zeitintervallen in der Fitness-Gruppe deutlich mehr SAEs beobachtet wurden als in der Entspannungs-Gruppe. Eine genauere Analyse der Komorbiditäten und dem Auftreten von SAEs ergab, dass vor allem PatientInnen mit einem Diabetes mellitus Typ 2 oder einem bestehenden Vorhofflimmern und zusätzlichem Fitnesstraining von den Ereignissen betroffen waren.
Bleibt die offene Frage, wie und mit welchen Methoden das Sturzrisiko nach Schlaganfällen nun am besten reduziert werden kann. Neben der therapeutischen Sturzprophylaxe hat sich dabei unter anderem ein schematisches Vorgehen vor Beginn der Rehabilitierungsmaßnahmen als sinnvolle Möglichkeit erwiesen. Dieses sollte eine Risikobewertung beinhalten, außerdem eine ausführliche Aufklärung und Beratung der PatientInnen und Angehörigen, sowie eine transparente Kommunikation zwischen den beteiligten Disziplinen.
Quelle:
Prof. Dr. med. Dr. phil. Martin Ebinger, Medical Park Berlin Humboldtmühle - Stürze und SAEs nach Schlaganfall, DGN 2020, 06.11.2020