Leitlinien 2021 zur Herzschrittmacher-Therapie überarbeitet Logo of esanum https://www.esanum.de

Korrektur der ESC-Leitlinien 2021 zur Herzschrittmacher- und CRT-Therapie

Die ESC-Leitlinien zur Herzschrittmacher- und CRT-Therapie enthalten das gebündelte Fachwissen der gesammelten Evidenz. Nun wurde den 2021 erneuerten Guidelines ein neues Kapitel zur Evaluation von Patienten mit Bradykardie hinzugefügt.<sup>1,2</sup>

Im Februar dieses Jahres kam es zu kleineren Korrekturen der neuen ESC-Leitlinien 2021 zur Herzschrittmacher- und CRT-Therapie:

  • So wurde z.B. der Evidenzgrad in der Tabelle 4 der neuen ESC-Leitlinien 2021 auf "B" statt "C" geändert. Diese Änderung bezog sich auf die Empfehlung zu venösen Zugängen ("Für den venösen Zugang sollte die Vena cephalica oder die Vena axillaris als erste Wahl angesehen werden").2
  • In der Tabelle 10 und 14 wurde der Wortlaut von "TAVI (Transkatheter- Aortenklappen-Implantation) in der "Valve in Valve"-Methode vs. Eingriff an der nativen Klappe“ auf "TAVI (Transkatheter-Aortenklappen-Implantation) im Bereich der nativen Klappe vs. "Valve in Valve"-Methode" geändert.2

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Übersicht der modifizierten Bereiche der neuen ESC-Leitlinien zur Herzschrittmacher- und CRT-Therapie.

Das sollten Sie über die neuen ESC-Leitlinien 2021 zur Herzschrittmacher- und CRT-Therapie wissen:

  • Eine sorgfältige Anamnese und körperliche Untersuchung sind für die Beurteilung von Patienten mit vermuteter oder dokumentierter Bradykardie unerlässlich.1,2
  • Die ESC-Empfehlung zur kardialen Resynchronisationstherapie ist in der neuen Version ESC-Leitlinien 2021 identisch mit der ESC-Empfehlung der ESC-Leitlinie zum Management der Herzinsuffizienz.1,2
  • Die ESC-Empfehlung zur kardialen Resynchronisationstherapie umfasst Patienten mit LBBB (Linksschenkelblock)-QRS-Morphologie und Nicht-LBBB (Linksschenkelblock)-QRS-Morphologie. Die QRS-Dauer spielt bei den Empfehlungen eine entscheidende Rolle.1,2

Welcher Patient eignet sich für die Herzschrittmachertherapie?

In den neuen ESC-Leitlinien 2021 wird die Bedeutung der Anamnese und der körperlichen Untersuchung bei der Erstuntersuchung hervorgehoben. Ziel ist es Patienten mit strukturellen Herzerkrankungen zu identifizieren:

Zuallererst muss sich der Kardiologe, die Frage stellen, wie der vor ihm sitzende Patient kardiovaskulär korrekt evaluiert werden soll. Im Anamnesegespräch sollte die vollständige Vorgeschichte und die klinische Symptomatik des jeweiligen Patienten genauestens erfragt werden, um so Anzeichen einer Bradykardie rechtzeitig erkennen zu können. Häufigkeit, Schwere und Dauer der Symptome -die auf eine Bradykardie oder eine Erkrankung des Reizleitungssystems hindeuten können- stehen hier im Mittelpunkt. Die Familien- und Medikamentenanamnese spielen ebenso eine wichtige Rolle bei der Evaluierung des Patienten. Anschließend sollten weitere diagnostische Schritte eingeleitet werden. Neben der körperlichen Untersuchung, sollte ein Elektrokardiogramm, sowie eine kardiale Bildgebung durchgeführt werden (Abbildung 2).1

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ESC-Empfehlung zur Ersteinschätzung von Patienten mit Symptomen, die auf eine Bradykardie hindeuten können (SND=Sinusknotendysfunktion; AVB=atrioventrikulärer Block; EKG = Elektrokardiogramm). 

Empfehlungen zu kardialen Bildgebungen vor Implantation eines Herzschrittmachers

Empfehlung der Klasse I:

Die kardiale Bildgebung wird bei Patienten mit vermuteter oder dokumentierter symptomatischer Bradykardie empfohlen. Ziel ist es hierbei das Vorhandensein einer strukturellen Herzerkrankung feststellen zu können, die systolische Funktion des linken Herzens zu bestimmen und mögliche Ursachen von Erregungsleitungsstörungen zu diagnostizieren.1,2

Empfehlung der Klasse IIa:

Die multimodale Bildgebung 

  • CMR=kardiovaskuläre Magnetresonanztomographie,          
  • CT=Computertomographie oder 
  • PET=Positronen-Emissions-Tomographie 

sollte zur Charakterisierung des Herzmuskelgewebes bei der Diagnose spezifischer Pathologien - die mit Erregungsleitungsanomalien einhergehen und eine Herzschrittmacherimplantation erforderlich machen - in Betracht gezogen werden. Dies gilt insbesondere für Patienten unter 60 Lebensjahren.1,2

Empfehlungen für die kardiale Resynchronisationstherapie bei Patienten im Sinusrhythmus

Jens Cosedis Nielsen betont in seinem Vortrag, dass dieses Mal die beiden Arbeitsgruppen für Herzinsuffizienz und für die Herzschrittmacher- und CRT-Therapie gemeinsam an den ESC-Leitlinien 2021 gearbeitet haben. Die ESC-Empfehlung zur kardialen Resynchronisationstherapie (CRT) bei Patienten im Sinusrhythmus ist daher in beiden ESC-Leitlinien 2021 identisch. 

Das Ziel der CRT ist es, die Symptome zu verbessern, sowie die Morbidität und Mortalität zu verringern. Beim Linkschenkelblock mit QRS-Morphologie wird für symptomatische Patienten mit Herzinsuffizienz im Sinusrhytmus eine CRT empfohlen, wenn die linksventrikuläre Ejektionsfraktion ≤ 35% beträgt und die QRS-Dauer bei über 130 ms (130-149 ms und ≥ 150 ms) liegt. Eine weitere Voraussetzung ist natürlich, dass bereits eine optimale medikamentöse Therapie zur Behandlung der kardiovaskulären Erkrankung ohne Erfolg stattgefunden hat. Dasselbe gilt für den Nicht-Linkschenkelblock mit QRS-Morphologie, wobei sich die Empfehlungsklassen hier unterscheiden.1,2

LBBB (Linksschenkelblock)-QRS-Morphologie

Empfehlung der Klasse I:

Die CRT wird für symptomatische Patienten mit Herzinsuffizienz im Sinusrhytmus 

  • mit einer LVEF ≤35% (LVEF=linksventrikuläre Ejektionsfraktion)
  • mit einer QRS-Dauer von ≥ 150 ms 
  • mit einer LBBB-QRS-Morphologie trotz optimaler medikamentöser Therapie

empfohlen.1,2

Empfehlung der Klasse IIa:

Eine CRT sollte für symptomatische Patienten mit Herzinsuffizienz im Sinusrhytmus 

  • mit einer LVEF ≤35% (LVEF=linksventrikuläre Ejektionsfraktion)
  • mit einer QRS-Dauer von 130-149 ms 
  • mit einer LBBB-QRS-Morphologie trotz optimaler medikamentöser Therapie

in Betracht gezogen werden.1,2

Nicht-LBBB (Linksschenkelblock)-QRS-Morphologie

Empfehlung der Klasse IIa:

Die CRT sollte für symptomatische Patienten mit Herzinsuffizienz im Sinusrhytmus 

  • mit einer LVEF ≤35% (LVEF=linksventrikuläre Ejektionsfraktion)
  • mit einer QRS-Dauer von ≥ 150 ms
  • mit einer Nicht-LBBB-QRS-Morphologie trotz optimaler medikamentöser Therapie

in Betracht gezogen werden.1,2

Empfehlung der Klasse IIb:

Eine CRT kann für symptomatische Patienten mit Herzinsuffizienz im Sinusrhytmus 

  • mit einer LVEF ≤35% (LVEF=linksventrikuläre Ejektionsfraktion)
  • mit einer QRS-Dauer von 130-149 ms
  • mit einer Nicht-LBBB-QRS-Morphologie trotz optimaler medikamentöser Therapie

in Betracht gezogen werden.1,2

Bei Patienten mit 

  • Herzinsuffizienz 
  • einer QRS-Dauer von <130 ms
  • ohne Indikation für ein rechtsventrikuläres Pacing

besteht keine Indikation für eine CRT.1,2

Jens Cosedis Nielsen akzentuiert in seinem Vortrag, dass die in den neuen ESC-Leitlinien 2021 niedergeschriebenen Empfehlungen bereits seit Jahren von Kardiologen weltweit praktiziert werden. Die gesammelte Evidenz der letzten Jahre ermöglichte es diese optimierten ESC-Leitlinien 2021 zur Herzschrittmacher- und CRT-Therapie zu verfassen.

Referenzen:
1. Jens Cosedis Nielsen, MD, PhD, DMSc, Leitender Professor der Abteilung für Klinische Medizin - Abteilung für Kardiologische Medizin B, Universitätsmedizin Aarhus, Sitzung des Tagungspräsidenten im Fokus: Die neuen 2021 ESC Leitlinien – Evidenzen und Perspektiven, 88. Jahrestagung der DGK, 8:05 Uhr, 21. Apr. 2022.
2. Glikson M. et al. (2021). 2021 ESC Guidelines on cardiac pacing and cardiac resynchronization therapy: Developed by the Task Force on cardiac pacing and cardiac resynchronization therapy of the European Society of Cardiology (ESC) With the special contribution of the European Heart Rhythm Association (EHRA). European Heart Journal, Volume 42, Issue 35, 14 September 2021, Pages 3427–3520.