Wie sollten Medikamente bei Multimorbidität kombiniert werden? Logo of esanum https://www.esanum.de

Arzneimittel bei Multimorbidität - Methodik der neuen Leitlinie

Die neue Leitlinie "Arzneimitteltherapie bei Multimorbidität" ist anders. Sie enthält Empfehlungen zur Kombination von Medikamenten.

Das sollten Sie wissen:

  • Die Leitlinie ist eine Ergänzung zu anderen Empfehlungen.
  • Es handelt sich um eine “Living Guideline”, die jährlich aktualisiert wird.
  • Sie befasst sich mit der Handhabung von Therapiekonflikten sowie der Vermeidung nicht sinnvoller Arzneikombinationen.

Das Dilemma der Leitlinien

In der Medizin beschäftigen sich die Leitlinien mit einem bestimmten Krankheitsbild und geben Empfehlungen zu dessen Behandlung. Bei multimorbiden Menschen kann dies zu Therapiekonflikten und nicht sinnvollen Kombinationen von Medikamenten kommen, wenn mehrere Leitlinien zeitgleich befolgt werden.

Die hier vorgestellten Living Guidelines sollen Ärztinnen und Ärzten dabei helfen, diese Überschneidungen zu vermeiden. Die Leitlinie ist in Zusammenarbeit mit den medizinischen Fachgesellschaften entstanden. Eine jährliche Evaluation und Aktualisierung sind geplant.

Konsensfindung

Fast alle Leitlinien entstehen durch Konsensfindung von involvierten Experten, die das Empfehlungswerk herausgeben. Auch im vorliegenden Fall ist dies so geschehen:

  • Starker Konsens lag dann vor, wenn über 95 % der beteiligten Mediziner oder Apotheker zugestimmt haben.
  • Konsens bedeutet, dass 75 bis 95 % der Experten sich für eine Empfehlung ausgesprochen haben.
  • Eine mehrheitliche Zustimmung liegt dann vor, wenn sich über 50 % der Stimmberechtigten positiv äußern.
  • Unter 50 % kann kein Konsens erreicht werden.

Da speziell in Zusammenhang mit Pharmakologika Interessenskonflikte vorherrschen können, wurden hier Schritte unternommen, die die Beeinflussung der Empfehlungen durch wirtschaftliche Interessen Einzelner vermeiden sollen. So dürfen Medizinerinnen und Mediziner beispielsweise nicht an der Abstimmung über einen Leitlinienpunkt teilnehmen, wenn sie mit einem gewissen Produkt wirtschaftlich verbunden sind. 

Art der Empfehlungen

Die S2k-Leitlinie zur Arzneimitteltherapie bei Multimorbidität hat drei unterschiedliche Typen von Empfehlungen:

  • Positiv-Empfehlungen: sie empfehlen den Einsatz gewisser Arzneimittel bei bestimmten Behandlungen oder Patientengruppen.
  • Negativ-Empfehlungen raten vom Einsatz von Medikamenten ab, die zum Beispiel ein ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis haben.
  • Risikohinweise bewerten die Kombination von Präparaten.

Jede Empfehlung wird durch eine Begründung, Management-Hinweise und Patienteninformationen komplettiert. Im Praxistauglichkeitstest hat sich die Struktur der Leitlinie für die klinisch tätigen Mediziner als hilfreich erwiesen.

Fazit für die Praxis

Die S2k-Leitlinie zur Arzneimitteltherapie bei Multimorbidität enthält fachübergreifende Empfehlungen, die es Ärztinnen und Ärzten leichter machen, ungünstige Arzneimittelkombinationen zu vermeiden und so das Risiko von Wechselwirkungen zu reduzieren. Sie ist gut handhabbar und ihre jährliche Aktualisierung macht sie zu einer wichtigen Ressource im klinischen Alltag. 

Referenzen:
1. Session: S2k-Leitlinie Arzneimitteltherapie bei Multimorbidität
2. Grandt, Daniel, Prof. Dr. med., Klinikum Saarbrücken gGmbH, Übersicht über die Empfehlungen der Leitlinie, 128. Kongress der DGIM, 01.05.2022