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Kasuistik: Febrile Aphasie – Was steckt dahinter?

Ein Patient mit fiebriger Aphasie leidet unter einer seltenen systemischen Bakterieninfektion nach einer Zyste im Oberkiefer. Wie passt das alles zusammen?

Erster Bericht bei Einlieferung

Fremdanamnese durch Lebenspartner

Da der Patient aufgrund seiner Aphasie nicht selbst befragt werden konnte, unterstützte der Partner bei der Fremdanamnese. Demnach litt der Mann bereits seit 10 Tagen unter wiederholtem Fieber. Vor einigen Tagen trat auch Nachtschweiß hinzu.

Der Patient klagte vor seinem Akutereignis des Öfteren über Abgeschlagenheit und Kopfschmerzen, verlor in den vergangenen Wochen zudem circa 4 kg Körpergewicht. Der Lebenspartner erklärte weiter, dass der Patient vor 3 Monaten eine Kniearthoskopie ohne Komplikationen erhalten hatte. Vor 4–5 Wochen erfolgte dann ein zahnärztlicher Eingriff wegen einer Zyste im rechten Oberkiefer. Dazu sei derzeit ein weiterer Eingriff geplant.

Aufgrund der Fremdanamnese ergab sich in diesem Fall das folgende differentialdiagnostische Bild:

Körperliche Untersuchung bleibt ohne Befund

Die angeschlossene körperliche Untersuchung des Patienten erbrachte keine weiteren Befunde. Der Mann war wach, litt unter einer ausgeprägten Aphasie, befolgte jedoch ansonsten die Anweisungen der Ärzte. Es fanden sich keine auffälligen Herzgeräusche, die Lunge war frei, das Abdomen weich und ohne Druckschmerz.

Auf der Spur des Fiebers

Labordiagnostisch zeigte sich indes eine auffällige Leukozytose, der CRP-Wert war deutlich erhöht, ebenso wie das PCT 25 ng/ml (< 0,5). Diese Parameter deuteten auf eine bakterielle Infektion hin.

Im cMRT konnte ein flächiges, subakutes Infarktareal dargestellt werden sowie weitere embolische subakute Infarktbereiche. Das EKG wies einen normofrequenten Sinusrhythmus ohne Anzeichen für ein VHF aus.

Ein CT Abdomen  ergab zusätzlich einen sichtbaren Infarktbefund im Bereich des rechten Nierenunterpols. Im OPG fanden sich Hinweise auf ein Wurzelgranulom, die Echokardiografie zeigte ferner eine mögliche endokarditische Vegetation.

Die vorgenommene Liquorpunktion lieferte ebenso einen Befund der laut Bericht mit einer septisch-embolischen Herdenzephalitis vereinbar war. Es konnte jedoch kein Erreger aus dem Liquor isoliert werden.

Die Blutkultur, die zur Klärung möglicher Infektionen angelegt worden war, deutete darauf hin, dass eine kontinuierliche Bakteriämie vorlag. Zwei Blutkulturpaare blieben ohne Befund, ein drittes Paar zeigte nach der Inkubation eine Infektion mit Aggregatibacter aphrophilus.

Ein gramnegatives Stäbchen bringt die Lösung

Bei Aggregatibacter aphrophilus handelt es sich um ein kurzes, gramnegatives Stäbchenbakterium, welches sehr anspruchsvoll und daher nicht leicht anzuzüchten ist. Das Bakterium zählt zur Gruppe der nicht-hämolysierenden, Katalase-negativen Erreger.

Aggregatibacter aphrophilus kommt überwiegend im Nasopharynx vor und steht im Zusammenhang mit Endokarditis, Zahnabszessen sowie Hirnabszessen. Beim Patienten gelangten die Bakterien wohl insbesondere im Rahmen der Zahnbehandlung ins Blut, wo sie schließlich zu einer systemischen Infektion geführt hatten.

Der Patient erhielt über 4 Wochen hinweg Ceftriaxon i.v. und heilte wieder vollständig aus.

Quelle:
Johanna Kessel. Fall 1 in "Fieber als Leitsymptom – Eine differentialdiagnostische Herausforderung", DGIM 2022 vom 30.04.2022

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