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Therapie des metastasierten Pankreaskarzinoms

Experten diskutieren, ob beim oligometastasierten Pankreaskarzinom die Tumorchirurgie oder die stereotaktische Radiotherapie die geeignete Behandlungsoption darstellt.

Tumorchirurgie beim oligo-metastasierten Pankreaskarzinom?

Kommt auch für Patienten mit metastasiertem Pankreaskarzinom eine Operation infrage? Schmidt präsentierte den Fall eines Patienten aus der FOOTPATH-Studie (DOI: 10.1200/JCO.2023.41.16_suppl.4021). Der Patient litt an einem lokal irresektablen Tumor und 3 Lebermetastasen. Er wurde in die palliative FOOTPATH-Studie eingeschlossen, bekam liposomales Irinotecan + 5-FU und Folinsäure und sprach darauf extrem gut an, berichtete Schmidt. Die 3 Lebermetastasen wurden kleiner, auch der Primärtumor verringerte sich. Die Frage war – sollte dieser Patient nicht operiert werden? „Das sind genau die Patienten, die wir jeden Tag diskutieren. Es geht nicht um die Patienten mit multipelsten Lebermetastasen, da hat die Chirurgie oder die lokale Therapie sicher überhaupt keinen Stellenwert“, betonte Schmidt.

Liege hier mit der  Oligometastasierung auch beim PDAC eine eigene Entität vor oder handelt es sich nur um eine frühe Polymetastasierung? Die Oligometastasierung wurde vor ein paar Jahren für GI-Tumoren definiert: 2 bis 3 Lokalisationen, 5 oder mehr Metastasen.  Oligometastasierung beim Pankreaskarzinom heißt:  2 bis 3 Metastasen in der Leber, in der Lunge >2 1. „Beim genannten Patienten befanden wir uns in einem Spannungsfeld: Erwartung des Patienten, technische Machbarkeit und onkologische Sinnhaftigkeit.“ Die Leitlinie empfiehlt die Resektion des Primärtumors bei nachgewiesenen synchronen Oligometastasen nur im Rahmen von prospektiven Studien als Teil einer multimodalen Behandlungsstrategie.

Schmidt erinnerte daran, dass in der S3-LL Kolorektales Karzinom von 2019 das Thema Oligometastasierung eher palliativ betrachtet wurde. „Das hat sich geändert:  Mehrere Lebermetastasen beim Kolonkarzinom werden heute operiert. Die Frage ist: "Können wir das auch beim Pankreaskarzinom ändern oder bleiben wir da stehen, wo wir sind?"

Daten aus 2017 zeigen, dass bei Patienten mit oligometastasierten Pankreaskarzinomen die Resektion von Leber- oder ILN-Metastasen sicher durchgeführt werden kann. Die Resektion sollte in Betracht gezogen werden, da sie einer palliativen Behandlung überlegen sein kann und bei ausgewählten Patienten mit einer Langzeitüberlebensrate von 10% verbunden ist.2

In einer Studie (DOI: 10.1186/s12885-019-6448-9) aus dem Jahr 2019 wird die oligo-metastatische Erkrankung bei PDAC definiert, anatomische und biologische Kriterien, die die Tumorbiologie besser widerspiegeln, werden berücksichtigt. Die 10 operierten Patienten (8 Patienten mit Lebermetastasen, 2 mit Lungenmetastasen) überlebten signifikant länger (OS 19.4 Monate versus 7.2 Monate).

Die  HOLIPANC-Studie (DOI: 10.1200/JCO.2025.43.16_suppl.4172) zeigt erstmals Sicherheitsdaten aus einer prospektiven klinischen Studie zur multimodalen Behandlung von oligo-metastasiertem Bauchspeicheldrüsenkrebs. Das Konzept der neoadjuvanten Chemotherapie mit anschließender Operation ist sicher, die Toxizität und Gesamtmorbidität ist im Vergleich zu den verfügbaren Daten aus der NAPOLI-3-Studie nicht erhöht, selbst in Kombination mit einer anschließenden Tumorresektion nach neoadjuvanter Behandlung. 

Schmidt berichtet von einem Patienten mit metastasiertem PDAC, den er vor 4 Jahren operiert hat und der noch immer lebt. Es laufen international mehrere Studien zur chirurgischen Therapie der Oligometastasierung wie die chinesische Phase-II-Studie CSPAC-1 und die skandinavische prospektive Kohortenstudie SCANPAN-1 und die randomisierte METAPANC-Studie. Die Ergebnisse der Studie werden eine Evidenzgrundlage für die Effektivität und Sicherheit einer multimodalen Therapie inklusive chirurgischer Metastasen-Chirurgie beim oligometastasierten PDAC schaffen. „Ziel ist, dass wir eine Subgruppe von Patienten mit Oligometastasierung identifizieren, für die durch Resektion oder ablative Verfahren eine Verlängerung des Überlebens erreicht werden kann“, schloss Schmidt.

OligoPanc soll Oligometastasierung beim PDAC definieren

Brunner wies daraufhin, dass die stereotaktisch-ablative Strahlentherapie (SBRT) eine moderne, hochpräzise Behandlungsoption darstellt, die das Überleben beim Pankreaskarzinom in bestimmten Fällen verlängern kann, wie beispielsweise eine Studie aus dem Jahr 2017 zeigt. Brunner stellte das OligoPanc-Projekt vor. Darin stellen internationale internistische Onkologen, Radio-Onkologen, Chirurgen und Gastroenterologen einen Delphi-Konsensus zur Definition der Oligometastasierung beim Pankreaskarzinom zusammen. Wichtige Parameter dabei sind Alter, ECOG, Tumormarker, Resektabilität, Pathologie, Lage und Anzahl der Metastasen und  die Unterscheidung in metachrone oder synchrone Metastasierung (Leonhardt CS et al, submitted). „Für den  Konsensus wurden 18 Punkte identifiziert und die Oligometastasierung wurde so definiert, dass es sich um 3 Metastasen handeln soll –  entweder in der Leber oder in der Lunge. Ein Tumorboard ist immer einbezogen und die Systemtherapie spielt eine wichtige Rolle dabei, herauszufiltern, welcher Patient für welchen Ansatz infrage kommt“, zählte Brunner auf.

Warum die stereotaktische Radiotherapie?

Für die SBRT gibt es gute prospektive Daten zur Lebensqualität. 42% der 222 Patienten wiesen Lebermetastasen auf.3 Zur Erfassung der Lebensqualität wurde der QLQ-C30-Fragebogen verwendet. Die Fatigue verschlechterte sich zunächst, das ging nach 4 Wochen wieder vorbei, der Appetit war über 4 Wochen ebenfalls verringert, auch das besserte sich wieder. Insgesamt wurde die SBRT gut vertragen, die Lebensqualität pendelte sich wieder auf dem Niveau vor der Intervention ein, die Toxizität war gering.

Die Vorteile einer SBRT sind:

  • In der Regel 3 bis 5 Sitzungen je 10 min
  • SBRT ist nicht-invasiv und schmerzfrei
  • Sichere Langzeit-Toxizität
  • SBRT ist ökonomisch
  • und unterbricht die Systemtherapie nicht

In der EXTEND-Studie wurde untersucht, ob die Ergänzung einer Chemotherapie durch eine Metastasen-orientierte Therapie (MDT, SBRT) das progressionsfreie Überleben (PFS) bei Patienten mit oligo-metastasiertem PDAC gegenüber einer alleinigen Chemotherapie verbessert. Die Ergebnisse zeigen: Das PFS wurde durch die zusätzliche MDT signifikant verbessert (p = 0,030) mit einer HR von 0,43.
Brunner konstatierte, dass das Prinzip der oligo-Metastasen gerichteten Therapie für das PFS nach SBRT eine gute Evidenz in der Phase-II-Situation zeige. Phase-III-Studien müssten folgen. Synchrone (Leber-)Metastasen sind aus pragmatischen Gründen eher eine Domäne der Resektion, für metachrone Metastasen sei die Evidenzlage für SBRT unter den metastasen-gerichteten Therapien am besten.

Quellen
  1. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie (DGHO), 24.-27. Oktober 2025, Messe Köln.
    https://www.jahrestagung-haematologie-onkologie.com/
    Kontroversen beim Pankreaskarzinom: Tumorchirurgie beim oligo-metastasiertem Pankreaskarzinom, 24. Oktober 2025.
Referenzen
  1. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/37988953/ (Oligometastasierung)
  2. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27856064/ (Daten)
  3. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26279020/ (Lebensqualität)