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Peri-operative Immuntherapie bei soliden Tumoren

Immuntherapie und molekulare Tumortherapie werden in der personalisierten Onkologie immer wichtiger. Auf der DGHO-Jahrestagung in Köln stellte Prof. Dr. Philipp Jost, Graz, die neuesten Entwicklungen vor.

Trend zur peri-operativen Immuntherapie auch bei soliden Tumoren

Die peri-operative neoadjuvante Immuntherapie – bekannt aus der Melanomtherapie1 – ist jetzt auch bei den Plattenepithelkarzinomen im Kopf-Halsbereich angekommen. In der Phase III-Studie (DOI: 10.1056/NEJMoa2415434) wurden Teilnehmer mit lokal fortgeschrittenem HNSCC im Verhältnis 1:1 randomisiert und erhielten zusätzlich zur Standardtherapie entweder 2 Zyklen neoadjuvantes Pembrolizumab und 15 Zyklen adjuvantes Pembrolizumab (Pembro-Gruppe) oder nur die Standardtherapie (Kontrollgruppe). Die Standardbehandlung bestand aus der Operation und einer adjuvanten Strahlentherapie mit oder ohne begleitender Cisplatin-Gabe.

Das Progressionsfreie Überleben (PFS) in der Pembro-Gruppe war mit einer HR von 0,73 deutlich verbessert, von 30 auf fast 52 Monate. Auch die Rate an Fernmetastasen war signifikant verbessert. Die Ergebnisse bestätigen den Trend zur perioperativen Immuntherapie auch bei soliden Tumoren (analog zu Melanom, NSCLC, Urothelkarzinom), sagte Jost. Die Zulassung durch die FDA erfolgte im Juni 2025, die EMA-Zulassung steht noch aus. „Das wird den bisherigen Standard sicherlich vom Sockel stoßen und zum neuen Standard werden“, so Jost.

Für das Magen- und Ösophaguskarzinom ist der Therapiestandard beim lokal fortgeschrittenen, resektablen Adenokarzinom die perioperative Chemotherapie nach FLOT-Schema, 2024 eingeführt. In der MATTERHORN-Studie (DOI: 10.1056/NEJMoa2503701) wurde nun der Wert der Hinzunahme des Checkpoint-Inhibitors Durvalumab in der kurativen Situation getestet. Primärer Endpunkt war das PFS. Auf Durvalumab plus FLOT folgt die Operation und im Anschluss 2 Zyklen Durvalumab plus FLOT und weitere 10 Zyklen Durvalumab zur Erhaltungstherapie. Die Studienergebnisse zeigen, dass die Hinzunahme von Durvalumab das PFS deutlich verbessern konnte (HR 0,71), die HR für das Gesamtüberleben (OS) liegt bei 0,78 und ist damit ebenfalls verbessert. Josts Einschätzung nach kann die Kombination zum Standard in der perioperativen Therapie werden. Die EMA-Zulassung steht noch aus, die FDA hat eine Breakthrough Therapy Designation im Juli dieses Jahres erteilt.

In der Erstlinien-Therapie ist Osimertinib für die EGFR-mutierten Lungenkarzinome (NSCLC) eine klassische Option (FLAURA-Studie, auch in der Kombination mit Chemotherapie FLAURA2 und MARIPOSA). Aber: Die Rezidivrate liegt nach 3 Jahren bei 40%, so Jost. In der Zweitlinie könne Chemotherapie mit Amivantamab als Backup dienen. Möglicherweise kommt auch das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Sacituzumab Tirumotecan (sac-TMT) infrage. In der auf dem ESMO vorgestellten, in China durchgeführten OptiTROP-Lung04-Studie2 wurde der Wirkstoff untersucht und zeigte signifikante Überlebensvorteile für Patienten mit EGFR-mutiertem nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom.

Das PFS verbesserte sich auf 8,3 Monate, verglichen mit 4,3 Monaten unter Chemotherapie, die Toxizität war gering. Die Studie, an der 376 Patienten teilnahmen, die nach einer Behandlung mit EGFR-Tyrosinkinase-Inhibitoren eine Progression aufwiesen, belegt zudem ein verbessertes OS (HR 0,60). „Wenn diese Ergebnisse in der westlichen Population bestätigt werden können, wird der Ansatz in der Zweitlinie sicherlich einen hohen Stellenwert einnehmen“, konstatierte Jost. Sowohl die FDA als auch die EMA-Zulassung stehen noch aus.

Patienten mit BRAF-V600-mutiertem metastasiertem kolorektalem Karzinom (mCRC) weisen eine ungünstige Prognose auf und sprechen nur begrenzt auf eine Erstlinien-Chemotherapie an. Therapiestandard ist ein Doublet aus Fluoropyrimidin plus Oxaliplatin, ggf. plus Bevacizumab. Die Kombination Encorafenib plus Cetuximab (EC) ist für die Zweitlinientherapie zugelassen. Die BREAKWATER-Studie (DOI: 10.1056/NEJMoa2501912) untersuchte, inwieweit die Ergänzung der Erstlinien-Chemotherapie durch die Kombination aus Encorafenib plus Cetuximab einen klinischen Vorteil bietet. Primärer Endpunkt war das PFS. Die Kombination EC plus mFOLFOX6 ist der alleinigen Chemotherapie eindeutig überlegen (Ansprechraten von 40% auf 60% deutlich verbessert). Josts Einschätzung nach dürfte die Zulassung zum Erstlinienstandard führen.

Die perioperative Gabe von Enfortumab-Vedotin plus Pembrolizumab verbessert das Überleben bei Cisplatin-ungeeigneten Patienten mit muskelinvasivem Blasenkarzinom (MIBC). Beim ESMO 2025 wurden die Ergebnisse der KEYNOTE-905-Studie (NCT03924895) mit Applaus begrüßt: Nach 24 Monaten waren noch 74,7% versus 39,4% (alleinige Operation) der Patienten ohne Ereignis (HR 0,40). Der EFS-Vorteil war konsistent in wichtigen Subgruppen. Die Toxizität war ein Problem, auch lag die Mortalität im EV plus P-Arm bei 7,8%. Jost betonte, dass es deshalb wichtig ist, die Cisplatin-ungeeigneten Patienten kritisch zu evaluieren. Die FDA hat einen Priority Review angestoßen, die Zulassung der EMA steht noch aus.

In der DeLLphi-304-Studie (DOI: 10.1200/JCO.2025.43.17) wurde der bispezifische T-Zell-Engager Tarlatamab bei 509 Patienten mit kleinzelligem Lungenkarzinom (SCLC) mit Standard-Chemotherapeutika wie Topotecan, Lurbinectedin oder Amrubicin verglichen. Die Studienergebnisse zeigten, dass Patienten unter Tarlatamab-Therapie ein signifikant verlängertes Gesamtüberleben aufwiesen (HR 0,60) und gleichzeitig ein günstigeres Nebenwirkungsprofil im Vergleich zur konventionellen Chemotherapie zeigten. Angesichts der bislang eingeschränkten Therapiemöglichkeiten in diesem Setting sind die Studienergebnisse von großer Bedeutung. Die Zulassung der EMA wird für Mitte 2026 erwartet.

Die AMPLITUDE-Studie hat gezeigt, dass die Hinzunahme des PARP-Inhibitors Niraparib zu Abirateron und Androgensuppression bei Patienten mit metastasiertem, hormonsensitivem Prostatakarzinom (mHSPC) und Nachweis eines Defektes der homologen Rekombinationsreparatur (HRRm) das PFS verlängert. Eine molekular stratifizierte Therapieintensivierung auf Basis von HR-Genmutationen verbessert das Outcome. Die Studie bestätigt die Ergebnisse der Wirksamkeit von PARPi beim mCRPC. Relevant werden jetzt die weiteren Analysen zum Einfluss auf Gesamtüberlebenszeit und Lebensqualität der Patienten sein. Die Zulassung der EMA steht aus.

Der Selektive Estrogen-Rezeptor Degrader (SERD) Camizestrant in Kombination mit einem Inhibitor der Cyclin-abhängigen Kinasen (CDK)4/6 (Palbociclib, Ribociclib oder Abemaciclib) ermöglicht eine klinisch bedeutsame Verbesserung des PFS beim fortgeschrittenen HR+HER2-Mammakarzinom. Das zeigt die  SERENA-6-Studie (DOI: doi/10.1200/JCO.2025.43.17_suppl.LBA4), in der untersucht wurde, ob ein rein molekular basierter Therapiewechsel aggressive Verläufe verhindern und das PFS verlängern kann.  Die Kombination von Camizestrant plus CDK4/6-Inhibitor kann das Risiko einer Krankheitsprogression oder des Todes im Vergleich zur Standardbehandlung um 56% verringern. Es handelt sich dabei um eine konzeptionell neuen Therapieansatz beim HR+HER2-Mammakarzinom.

Referenzen
  1. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie (DGHO), 24.-27. Oktober 2025, Messe Köln.
    https://www.jahrestagung-haematologie-onkologie.com/
  2. https://www.emjreviews.com/oncology/news/esmo-2025-positive-results-from-optitrop-lung04/