- Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie (DGHO), 24.-27. Oktober 2025, Messe Köln.
https://www.jahrestagung-haematologie-onkologie.com/
Wissenschaftliches Symposium: Best of the Year 2025, 24. Oktober 2025.
Für die Myelofibrose ist die allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation (allo-HSZT) die einzige kurative Behandlung. Treibermutationen sind das pathophysiologische Kennzeichen der Erkrankung, aber die Rolle der Mutationsclearance nach Transplantation war bislang unklar. Eine aktuelle Studie (DOI: 10.1056/NEJMoa2408941) mit 324 Myelofibrose-Patienten nach allo-HSZT zeigt, dass die Clearance am 30. Tag nach Transplantation unabhängig von der zugrunde liegenden Treibermutation einen Einfluss auf das Wiederauftreten der Erkrankung und das Überleben zu haben scheint. Eichhorst wies darauf hin, dass es für alle myeloproliferativen Neoplasien sehr viele neue Substanzen gebe wie z.B. den gegen mutiertes Calreticulin gerichteten Antikörper INCA 33989, der in einer Phase-I-Studie bei refraktärer esssentieller Thrombozythämie (ET) untersucht wird.
Beim Hochrisiko-Myelodysplastischem Syndrom (MDS) ist Azacitidin Standard. Anfang des Jahres zeigten sich Patienten in einer Phase Ib-Studie (DOI: 10.1182/blood.2024025464) unter der Kombination von Azacitidin und dem selektiven B-Zell-Lymphom-Inhibitor Venetoclax Ansprechraten von 80,4%. In der Phase-III-Studie VERONA (NCT04401748) wird nun untersucht, ob die Kombination für HR-MDS infrage kommt. In der Phase Ib-Studie lag das Gesamtüberleben (OS) bei 26 Monaten. Patienten, die entweder nicht für eine allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation (allo-HSZT) geeignet waren oder für die eine solche Transplantation nicht vorgesehen war, wurden in die VERONA-Studie eingeschlossen. Die Studienteilnehmer wurden im Verhältnis 1:1 randomisiert und erhielten entweder Azacitidin plus Placebo oder Azacitidin plus Venetoclax. Die Daten wurden Anfang September auf dem SOHO vorgestellt. Beim OS ergab sich kein Unterschied zugunsten der Kombination, obwohl unter Azacitidin plus Venetoclax ein deutlich höheres Gesamtansprechen beobachtet worden war.
Bei der Akuten myeloischen Leukämie (AML) gilt die Kombination aus Azacitidin plus Venetoclax als Therapie der Wahl für Patienten, die für eine intensive Chemotherapie nicht geeignet sind - mit Ausnahme von Patienten mit nachgewiesener IDH1-Mutation. Mit der Kombination Decitabin/Cedazuricin plus Venetoclax steht womöglich bald eine Alternative in der Erstlinientherapie für unfitte Patienten zur Verfügung. Die Ergebnisse einer auf dem EHA vorgestellten Phase I- bis IIb-Studie zeigen ein medianes Gesamtüberleben von 15 Monaten, das in einem ähnlichen Bereich wie unter Azacitidin plus Venetoclax liegt. Derzeit, so Eichhorst, laufe dazu eine Phase-III-Studie, so dass möglicherweise Ende 2026 schon mit einer Zulassung gerechnet werden könne.
Bei jüngeren AML-Patienten, die ein Rezidiv haben oder therapierefraktär sind, ist die allo-HSZT der Standard. Die Langzeitbeobachtung (DOI: 10.1182/blood.2025028730) zur ASAP-Studie zeigt nun, dass das genetische Krankheitsrisiko und nicht der Remissionsstatus die Gesamtüberlebensrate nach allo-HSZT bestimmt. Eine Remissionsinduktion mit einer Standard-Salvage-Chemotherapie vor allo-HSZT ergab keinen Nutzen. Wie Eichhorst betonte, zeigen die Ergebnisse, dass eine allo-HSZT möglichst schnell erfolgen sollte. Entwickeln ältere Patienten nach Azacitidin plus Venetoclax-Therapie ein Rezidiv, gibt es leider wenig Therapieoptionen. Mit dem Menin-Inhibitor Revumenib gibt es für Patienten mit KMT2A-Mutation eine neue Therapieoption mit hohen Remissionsraten.
Die Behandlung mit subkutanem Blinatumomab führte in einer Phase-I-Studie bei Erwachsenen mit rezidivierter oder refraktärer Akuter lymphatische Leukämie (ALL) zu vielversprechenden vorläufigen Ergebnissen hinsichtlich der Wirksamkeit und einem akzeptablen Sicherheitsprofil.
Kommt auch für ältere Patienten mit Diffus Großzelligem Lymphom (DLBCL) eine reduzierte Therapie infrage? Bei Patienten (61 bis 80 Jahre) mit IPI 1, sehr guter Prognose und eigentlicher Standardtherapie 6 x R-CHOP wurde untersucht, ob bei einer frühzeitigen PET-Negativität die Therapie womöglich früher beendet werden kann. In der Phase III-Studie OPTIMAL>60 erhielten Patienten entweder R-ChT mit Conv (R-CHOP) oder Lip-VCR (R-CHLiP). Vincristin war nicht überlegen und wies eine erhöhte Neurotoxizität auf. Die PET-4-angepasste Behandlung mit R-CHOP ist sicher und führt bei 2/3 der älteren Patienten zu einer geringeren Behandlungsexposition.
In der ECHO-Phase-III-Studie (DOI: 10.1200/JCO-25-00690) zeigte der Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitor (BTKi) Acalabrutinib in Kombination mit Bendamustin und Rituximab (BR) für therapienaive Patienten mit Mantelzell Lymphom, die nicht für eine autologe Stammzelltransplantation (ASCT) infrage kommen, einen Vorteil für das Progressionsfreie Überleben (PFS), der Unterschied im OS ist nicht statistisch signifikant. In der ENRICH-Studie (DOI: 10.1016/ S0140-6736(25)01432-1) wurden Ibrutinib plus Rituximab versus Immunochemotherapie (entweder RCHOP oder BR) bei zuvor unbehandelten älteren MCL-Patienten untersucht. Dabei zeigte sich kein deutlicher Vorteil gegenüber der zielgerichteten Therapie mit Ibrutinib.
Bei Patienten mit Chronisch lymphatischer Leukämie (CLL) verlängert eine zeitlich begrenzte Kombinationstherapie mit Acalabrutinib plus Venetoclax und mit oder ohne Obinutuzumab das PFS im Vergleich zur Chemoimmuntherapie bei fitten, therapienaiven Patienten signifikant1. Das Durchschnittsalter der Patienten lag bei 61 Jahren, 64,5% waren Männer und 58,6% wiesen einen nicht-mutierten IGHV-Status auf. Die geschätzte 36-Monats-Progressionsfreiheit bei einer medianen Nachbeobachtungszeit von 40,8 Monaten betrug:
Die messbare Resterkrankung ist ein wichtiger Prognosefaktor bei neu diagnostiziertem Multiplem Myelom. Eine Bewertung einer MRD-gesteuerten Konsolidierungsstrategie bei Patienten, die für eine ASCT in Frage kommen, kann sinnvoll sein. In der MIDAS-Studie (DOI: 10.1056/NEJMoa2505133) wurden Patienten einer ASCT unterzogen und erhielten Isa-KRd für 2 Zyklen oder Isa-KRd für 6 Zyklen. Es zeigten sich ähnlich hohe MRD-Remissionsraten nach Kombinationstherapie wie nach Single-ASCT und kein Vorteil für die Tande-ASCT.
Für die klassische Hämatologie verwies Eichhorst auf eine erfreuliche Neuerung bei der Sichelzellerkrankung: Die auf CRISPR/Cas9 basierende Therapie Exa-cel ermöglicht eine gezielte Geneditierung, die Symptome der Sichelzellkrankheit und transfusionsabhängigen Beta-Thalassämie signifikant reduziert. Die EMA hat Exa-cel im Januar zugelassen.