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Aktueller Therapiestandard beim metastasierten Kolonkarzinom

Stratifizierung wird beim metastasierten Kolonkarzinom immer wichtiger: Wie das mCRC behandelt wird, erläuterte Dr. Gerald Prager, Wien, auf der DGHO-Jahrestagung in Köln.

Die seltenen Mutationen

Die Stratifizierung vor der Behandlung eines metastasierten Kolonkarzinoms (mCRC) ist wichtig, denn zunehmend kann über aktive Therapien eine Chronifizierung der nicht-heilbaren Erkrankung erreicht werden, so Prager. Grob zusammengefasst unterscheidet man folgende Subgruppen:

  • die rechtsseitigen Tumore,
  • Tumor-Patienten mit seltenen Mutationen, linksseitig BRAF- und RAS-mutiert,
  • Patienten mit linksseitigen Primärtumoren, die sowohl RAS- als auch BRAF-Wildtyp sind.

„Patienten mit hochgradiger Mikrosatelliteninstabilität (MSI-h) sind Patienten, die unter Umständen in ihrer Behandlung nie eine Chemotherapie sehen“, sagte Prager. In die Phase-III-Studie CheckMate 8HW (doi: 10.1200/JCO.2025.43.4_suppl.LBA143) waren Patienten in Stadium IV mit MSI-h oder dMMR eingeschlossen, die noch nicht vorbehandelt waren. Die Patienten wurden randomisiert aufgeteilt in eine Immuntherapie-Kombination mit Nivolumab plus Ipilimumab vs. Nivolumab-Monotherapie oder auf den bisherigen Standard (Chemotherapie-Doublette). Primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben (PFS). Unter der Kombination Nivolumab plus Ipilimumab wurde – im Vergleich zur Chemotherapie – für das PFS eine HR von 0,21 beobachtet (p<0,0001). „Es besteht kein Zweifel, dass diese Patienten eine Chemotherapie-freie Behandlung brauchen“, kommentierte Prager. Nach zwei Jahren Behandlung waren noch immer drei von vier Patienten frei von einer Progression. 

Die Studie zeigt auch, dass die Nivo-Monotherapie nicht so effizient ist wie die Kombinationstherapie (Responserate 58% vs. 71%) Ein Drittel der Patienten zeigte in der Studie eine Komplett-Remission, verglichen mit der Chemotherapie traten Nebenwirkungen seltener auf. In der ersten randomisierten Studie zum Vergleich einer dualen mit einer Einzelwirkstoff-Immuntherapie bei MSI-h/dMMR-mCRC zeigte die Kombination Nivolumab plus Ipilimumab gegenüber Nivolumab alleine in allen Therapielinien eine überlegene PFS bei einem kontrollierbaren Sicherheitsprofil. „Die Ergebnisse etablieren Nivolumab plus Ipilimumab als potenzielle neue Standardbehandlung für Patienten mit MSI-h/dMMR-mCRC“, sagte Prager.

Patienten mit linksseitigen Primärtumoren, die RAS- und BRAF-Wildtyp sind

Diese Patienten machen etwa ein Viertel der CRC-Patienten aus. Die ESMO empfiehlt hier die Chemotherapie-Doublette mit Anti-EGFR-Antikörper. Eine gepoolte Analyse aus FIRE-3, CALGB 80405, PEAK, PARADIGM und CAIRO-5 zeigt für die linksseitigen Tumore eine HR 0,77 für das Gesamtüberleben (OS) und eine HR 0,92 für das PFS. Prager betonte, dass die Kombination von FOLFOXIRI mit EGFR-Antikörpern in linksseitigen RAS-Wildtyp-Primärtumoren nicht effektiver sei als eine Doublette (doi: 10.1200/JCO.2022.40.17_suppl.LBA3506). Bei der Triplette zeige sich kein PFS-Vorteil: „Ersparen Sie ihren Patienten die Toxizität einer Triplette. Nehmen Sie FOLFOX oder FOLFIRI und geben Sie einen Anti-EGFR-Antikörper in der Erstlinie dazu.”

Die rechtsseitigen Tumore

Eine Anti-EGFR-Therapie in rechtsseitigen Primärtumoren führt zu einem besseren Therapieansprechen, jedoch nicht zu einem längeren PFS oder OS. Rechtsseitige RAS-Wildtyp-Tumoren sollten daher mit einem Anti-VEGF-Antikörper plus einer Chemotherapie-Doublette oder -Triplette behandelt werden. CAIRO-5 (doi: 10.1200/JCO.2022.40.17_suppl.LBA3506) hat dazu FOLFOX versus FOLFOXIRI verglichen, beides Mal mit Bevacizumab. 

Man sehe, dass das PFS zwar numerisch ein bisschen besser war. Allerdings war auch die R0/R1 Resektionsrate etwas besser (51% vs. 36%), aber das OS nicht. „Wenn man für eine sekundäre Resektion einen Response braucht, lässt sich die Triplette rechtfertigen, aber der Benefit für das Gesamtüberleben ist fraglich“, so Prager.

Was kommt nach Versagen der Erstlinie infrage?

Ziemlich konsistent, auch über die Subgruppen hinweg, scheint die Chemo-Doublette mit einem Anti-VEGF-Antikörper in der Zweitlinie den besten Benefit zu bringen, vor allem im Hinblick auf das OS. Das hätten, so Prager,  die TML-Studie (doi: 10.1200/jco.2012.30.15_suppl.cra3503), die E3200-Studie, der VELOUR-Trial und die RACE-Studie gezeigt. In all diesen Studien zeigte sich ein Überlebensvorteil, wenn die Patienten in der Zweitlinie nach Umstellung des Chemotherapie-Backbones einen Anti-VEGF-Antikörper erhielten. Laut Prager erreichen etwa zwei Drittel der Patienten die Zweitlinie, etwas mehr als die Hälfte erreicht eine Drittlinie. 

In einer späteren Linie könne zwar keine Response mehr erwartet werden, aber ein PFS- und ein OS-Vorteil, so Prager. Nach dem zweiten Progress gibt es diverse Therapieoptionen. Etwa Trifluridin/Tipiracil (TAS-102), zugelassen zur Monotherapie von Patienten mit mCRC, die bereits mit verfügbaren Therapien behandelt wurden oder die für diese nicht geeignet sind. In der RECOURSE-Studie war TAS-102 bei Patienten mit refraktärem Kolorektalkarzinom im Vergleich zu Placebo mit einer signifikanten Verbesserung des OS verbunden.

Der Tyrosinkinase-Inhibitor Regorafenib zeigte in der CORRECT-Studie (doi: 10.1016/S0140-6736(12)61900-X) verglichen mit Placebo (5 Monate) eine OS von 6,4 Monaten, HR: 0,77. Vergleiche man CORRECT und RECOURSE, zeigten sich bei der Krankheitskontrollrate ähnliche Ergebnisse. Knapp die Hälfte der Patienten profitiere, kein Medikament ist vorteilhafter als das andere im Hinblick auf PFS und OS, so Prager.  In der SUNLIGHT Studie wurde die Kombination Triflurin/Tipiracil mit oder ohne Bevacizumab bei Patienten mit linksseitigem Primärtumor untersucht. Unter der Kombinationstherapie wurde eine Risikoreduktion um 39% erreicht: OS 10,8 Monate versus 7,5 Monate. Das galt für alle Subgruppen. 

Auch für die PFS lag die HR bei 0,44 für die Kombinationstherapie. Triflurin/Tipiracil plus Bevacizumab bietet klar einen Überlebensvorteil gegenüber den Monotherapien mit TAS-102 oder Regorafinib, und ist daher eigentlich der Standard in der Drittlinie. Als Viertlinien-Option kommt der VEGFR-Inhibitor Fruquintinib infrage. Indiziert als Monotherapie zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit mCRC, die bereits früher mit verfügbaren Standardtherapien (einschließlich Fluoropyrimidin-, Oxaliplatin- und Irinotecan-basierten Chemotherapien, Anti-VEGF-Arzneimitteln und Anti-EGFR-Arzneimitteln) behandelt wurden und bei denen die Erkrankung nach der Behandlung mit Trifluridin/Tipiracil oder Regorafenib fortgeschritten ist, oder die diese Behandlung nicht vertragen. In FRESCO-2 (doi: 10.1016/S0140-6736(23)00772-9) lag die OS unter Fruquintinib bei 7,4 Monaten gegenüber 4,8 Monaten unter Placebo (HR 0,66).

Behandlungssequenzen beim mCRC auf einen Blick:

Erstlinie Zweitlinie Drittlinie Viertlinie
RAS-Mutation Chemo + anti-VEGF Chemo + anti-VEGF FTD/TPI - Bev Regorafinib od. Fruquintinib
RAS Wildtyp Chemo + anti-VEGF Chemo + anti-EGFR FTD/TPI - Bev Regorafinib od. Fruquintinib
RAS wt, links. Primärtumor Chemo + anti-EGFR Chemo + anti-VEGF FTD/TPI - Bev Regorafinib od. Fruquintinib
Seltene molek. Subtypen

CPI (MSI-)
Chemo + anti-VEGF

BRAFi – anti-EGFR (BRAFV600E)
CPI (MSI-h)
Anti-Her2
FTD/TPI – Bev
BRAFi – anti-EGFR
(BRAFV600E)
CPI (MSI-h)
Anti-Her2
Regorafinib od. Fruquintinib
Referenzen
  1. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie (DGHO), 24.-27. Oktober 2025, Messe Köln. https://www.jahrestagung-haematologie-onkologie.com/ Fortbildung: Kolorektales Karzinom: metastasierte Erkrankung, 25. Oktober 2025.