Die Idiopathische Thrombozytopenische Purpura (ITP) zeigt eine bislang unterschätzte Komplexität in ihrer Pathophysiologie. Wie Dr. Trautmann erläutert, hat sich das wissenschaftliche Verständnis der Erkrankung erheblich erweitert. Während früher die autoantikörpervermittelte Zerstörung von Thrombozyten im Mittelpunkt stand, ist nun bekannt, dass Autoantikörper auch die Megakaryozyten im Knochenmark angreifen. Zudem sind T-Zell-Dysregulationen und inflammatorische Prozesse, insbesondere das Inflammasom, zentrale Elemente der Krankheitsmechanismen. Diese neuen Erkenntnisse machen deutlich, dass ITP weitaus komplexer ist, als ursprünglich angenommen.
Die Diagnose der ITP verläuft weiterhin als Ausschlussdiagnose, was erhebliche Schwierigkeiten birgt. Dr. Trautmann betont, dass ein spezifischer Test zur eindeutigen Diagnose noch fehlt. Zwar existieren Tests auf thrombozytenspezifische Autoantikörper, doch sind diese zwar spezifisch, jedoch nicht besonders sensitiv. Ein vielversprechender diagnostischer Parameter ist die unreife Plättchenfraktion (IPF), die bei ITP häufig erhöht ist. Dennoch fehlt es an einem umfassend validierten Laborwert, der als Standard für die initiale Diagnose herangezogen werden könnte.
Die therapeutischen Möglichkeiten für ITP-Patienten haben sich in den letzten Jahren erheblich erweitert. Diese Vielfalt stellt Ärzte vor neue Herausforderungen, insbesondere da ITP eine seltene Erkrankung ist und die praktische Erfahrung begrenzt sein kann. Dr. Trautmann empfiehlt, Patienten mit chronischen Verläufen an spezialisierte ITP-Zentren zu überweisen. Informationen über solche Zentren und aktuelle Studien lassen sich leicht über das ITP-Register und die ITP-Allianz online recherchieren.
Die Entwicklung neuer Therapien, wie das kurz vor der Zulassung stehende Rilzabrutinib, eröffnet neue Möglichkeiten. Insbesondere die spezifische Wirkung gegen ITP-assoziierte Fatigue ist ein vielversprechender Ansatz, um Lebensqualität zu verbessern. Diese therapeutischen Fortschritte könnten zukünftig zu neuen Behandlungszielen führen, wie etwa therapiefreie Remissionen.
Zur Optimierung der Patientenversorgung empfiehlt Dr. Trautmann Fachärzten und Klinikern, eng mit spezialisierten Zentren zu kooperieren und Patienten bei komplexen Verläufen dorthin zu überweisen. Sie betont die Bedeutung einer zurückhaltenden Cortisontherapie, die nicht länger als sechs bis acht Wochen dauern sollte, und rät zur Überprüfung der Diagnosen bei refraktären Fällen. Zudem sollte bei chronisch stabilen Patienten überlegt werden, die Medikation zu reduzieren oder auszusetzen. Diese Empfehlungen tragen dazu bei, die ITP-Behandlung an den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen auszurichten.