COVID-19 während der Therapie von MPN und HER2-metastasierten Mammakarzinom
Die JAK1-Blockade und die JAK2-Blockade sind wesentlicher Bestandteil der Behandlung myeloproliferativer Neoplasien und des HER2-metastasierten Mammakarzinoms. Welchen Einfluss hat die Therapie auf den Verlauf einer COVID-19-Erkrankung?
Übersicht zum Vortrag von La Rosée:
- Inflammation, Zytokine, MPN, COVID-19
- JAK1/2-Inhibitoren bei COVID-19
- Ruxolitinib, COVID-19 und MPN
- Ruxolitinib und Impfantwort
La Rosée betonte in seinem Vortrag, dass es in den letzten 2,5 Jahren zu einem Wissenszuwachs bezüglich des Overlap zwischen den beiden Therapieprinzipien JAK1/2-Inhibitoren gekommen sei. Nicht zuletzt rührte dies von den äthiopathologischen Gemeinsamkeiten der MPN und des HR+/HER2-metastasierten Mammakarzinom. Bei MPN-Patienten unter Ruxolitinib-Behandlung sind La Rosée zufolge in Zeiten von COVID-19 einige spezifische Gesichtspunkte zu beachten.1
MPN und Ruxolitinib und COVID-19
Die Immunantwort von MPN-Patienten unter Ruxolitinib weist einige Besonderheiten auf. Das Krankheitsbild von MPN-Patienten ist durch die chronische subklinische Inflammation geprägt. Bei myeloproliferativen Neoplasien stehen die klonale Entwicklung eines hämatologischen Malignoms und der chronische Entzündungsprozess in Beziehung zueinander. Der neoplastische Klon ist der Haupttreiber dieser Entzündungsreaktion. Hierbei kann es zu einer indirekten parakrinen Sekretion von Entzündungszytokinen kommen. Der hierdurch verursachte Zytokinsturm (u.a. IL-1, IL-6, IL-8, IL-12, TNFα, IFNγ, VEGF, TGFβ, FGF, PDGF, GM-CSF, G-CSF) im Bereich Knochenmarks kann in einer Fibrose resultieren. Die chronische Entzündung ist für die konstitutionellen Symptome von MPN-Patienten verantwortlich. Klinisch spiegelt sich das Ganze in Mikrozirkulationsstörungen und Splenomegalie wider. Das Therapieprinzip der JAK1/2-Blockade verfolgt durch die kombinierte Therapie 2 biologische Stränge:
- JAK1-Blockade: Hemmung der inflammatorischen Zytokine.
- JAK2-Blockade: Additive Hemmung der Hämatopoese.1,2
MPN: Abruptes Absetzen von Ruxolitinib unter COVID-19 kann tödlich enden
La Rosée betonte in seinem Vortrag, dass COVID-19-Medikamente auf genau dieselben inflammatorischen Zytokine wie die JAK1-Inhibitoren abzielen. In der COVID-19-Situation können MPN-Patienten zusätzlich zur additiven Hemmung durch die JAK-2-Inhibitoren durch COVID-19 bedingt unter einer Thrombopenie und Anämie leiden. Das Absetzen von Ruxolitinib bei bereits anämen und thrombopenen MPN-Patienten unter einer COVID-19-Erkrankung ging mit einer überproportionalen Sterblichkeit der MPN-Patienten einher. Ein Grund hierfür ist der zusätzliche Zytokinsturm unter COVID-19, der das Kapillarlecksyndrom und das respiratorische Versagen triggert. Die disseminierte intravasale Gerinnung mit Thrombosen und Lungenembolie können hierauf folgen.1,2,3
Ruxolitinib in der Behandlung hyperinflammatorischer COVID-19-Patienten
La Rosée zufolge konnten wesentliche Erkenntnisse zur Behandlung hyperinflammatorischer COVID-19-Patienten mittels Ruxolitinib in den letzten 2,5 Jahren gesammelt werden:
- Die ARDS-Behandlung hyperinflammatorischer COVID-19-Patienten mittels Ruxolitinib ist effektiv (RuXoCoil-Studie).
- Eine Verkürzung der ICU-Verweildauer ist mittels Ruxolitinib möglich.
- Eine kortikoisteroid-sparende, anti-inflammatorische Therapie ist durchführbar mit Ruxolitinib.
- Es besteht kein Hinweis auf eine Hemmung der Viruselimination.
- Keine Safety-Signale, sowie kein Hinweis auf das Discontinuation Syndrom.
- Keine Wirksamkeit bei leichtem/moderatem COVID-19-Verlauf (RuxCovid-Studie)1,4-7
Fazit für die Praxis
- Die JAK1-Inhibition spielt eine Rolle in der Behandlung von COVID-19.
- Die JAK2-Inhibition kann zu einer Anämie und Thrombopenie führen, die durch COVID-19 verstärkt werden kann.
- Ein abruptes Absetzen von Ruxolitinib bei MPN-Patienten mit COVID-19 ist mit einer überproportionalen Sterblichkeit assoziiert.
- Der Zytokinsturm spielt eine wichtige Rolle bei hyperinflammatorischen COVID-19-Patienten: Hier kann Ruxolitinib erfolgreich zum Einsatz kommen.
- Durch den Einsatz von Ruxolitinib bei hyperinflammatorischen COVID-19-Patienten können Kortikosteroide eingespart werden.
- Ruxolitinib zeigt in der RuxCovid-Studie keine Wirksamkeit bei leichtem/moderatem COVID-19-Verlauf.1-7
- Graf La Rosée, Paul, Prof. Dr. med., Ruxolitinib in Zeiten von COVID-19, Novartis GmbH: Aktuelles aus der Behandlung der MPN Patienten und zur Studienlandschaft beim HR+/HER2-metastasierten Mammakarzinom, Industriesymposium, DGHO 2022, Aachen, 9:00 Uhr, 10.10.2022.
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