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Tablette statt Spritze: Update zu oralen GLP-1-Analoga bei Diabetes

Neues rund um den oralen GLP-1-Rezeptoragonist Semaglutid gab es auf dem diesjährigen Diabetes-Kongress zu berichten. Alles von Wirksamkeit bis zu Nebenwirkungen.

Das sollten Sie über das orale Semaglutid zur Behandlung des Diabetes mellitus wissen:

Orales Semaglutid vs. parenterale GLP-1-RA

GLP-1-Rezeptoragonisten (GLP-1-RA) sind heute nicht mehr aus dem medizinischen Alltag wegzudenken. Seit ihrer Einführung helfen Substanzen wie Liraglutid und Semaglutid den Glukosestoffwechsel bei Personen mit Diabetes mellitus (DM) zu regulieren und sie fördern darüber hinaus den Gewichtsverlust bei Adipositas. Seit relativ kurzer Zeit bereichert nun auch ein oral resorbierbares Semaglutid-Präparat das Angebot an GLP-1-Analoga. Hierbei stellt sich nun die Frage, inwieweit sich die parenteralen Vertreter der Substanzgruppe vom oralen Semaglutid bezüglich der Wirksamkeit und der negativen Begleiteffekte unterscheiden. Wichtige Fragen, die auch so manchen Betroffenen bei der antidiabetischen Therapiewahl in der ärztlichen Praxis beschäftigen.

Hilfreiche Informationen, die zur Beratung der erkrankten Personen herangezogen werden können, wurden von Prof. Dr. med. Juris Meier auf dem Diabetes-Kongress 2022 präsentiert. Die wichtigsten Eckdaten, die anhand von aktuellen Studiendaten die Effizienz und das Nebenwirkungspotenzial des oralen Semaglutids aufzeigen, haben wir hier für Sie zusammengefasst:

Die klinische Wirksamkeit wurde im Rahmen mehrerer Studien nachgewiesen. So ließ sich bei Personen mit DM in unterschiedlichen Ausprägungen und Stadien eine HbA1c-Senkung von 1,2% nach 52 Wochen erzielen. Dieser Wert liegt über dem Effekt des parenteral eingesetzten Liraglutids (0,9%) und etwas unter dem Wirkungsgrad der subkutanen Semaglutids.

Aufgrund der niedrigen Bioverfügbarkeit und der Resorption im Magen wurde gemutmaßt, dass bei Personen mit Gastritis und Reflux unter der Therapie mit oralem Semaglutid kein ausreichend hoher Plasmaspiegel erreicht werden könnte. Diesbezüglich kann Entwarnung gegeben werden. Denn Forschungsdaten konnten belegen, dass die Semaglutid-Konzentration im Blut nach Einnahme des GLP-1-RA unabhängig vom Vorliegen einer gastrointestinalen Erkrankung ist und die Resorption hierdurch nicht beeinträchtigt wird.

Analog zur HbA1c-Regulation nehmen Personen mit DM unabhängig vom Erkrankungsgrad unter der Therapie ab. Nach einer Einnahmezeit von 26 Wochen liegt der Gewichtsverlust bei 3 bis 4 kg. Unter der Applikation von parenteralem Semaglutid lässt sich eine stärkere Körpergewichtsreduktion erzielen.

Bekanntlich können GLP-1-RA mit Nebenwirkungen wie Übelkeit, Diarrhö, Dyspepsie u.a. einhergehen. Das orale Semaglutid ist hier keine Ausnahme. Verglichen mit der subkutanen Verabreichung, treten unerwünschte Begleiteffekte etwas häufiger unter der Einnahme des GLP-1-RA auf. Die Differenz liegt aber im einstelligen Prozentbereich und weicht nicht stark vom Sicherheitsprofil anderer GLP-1-RA ab, wie Prof. Dr. Meier erläutert.

Eine Studie mit kleiner Fallzahl spricht für ein reduziertes Risiko bezüglich kardiovaskulärer Ereignisse und Gesamtmortalität (Kontrollgruppe: Placebo). Auch wenn die Daten positiv klingen, sind sie aufgrund des kleinen Kollektives statistisch allerdings nicht signifikant.

Ausblick: GLPA-1-RA mit mehr Flexibilität

Trotz der guten Datenlage kann die Effektivität der oralen Therapie eingeschränkt sein. Der Grund hierfür ist die strikte Empfehlung, dass die Einnahme mindestens 30 min vor der ersten Mahlzeit erfolgen muss. Halten sich die Behandelten nicht an diese Vorgabe, wird kein suffizienter Wirkspiegel erreicht. Somit ist eine gute Compliance essenziell für den Therapieerfolg. Doch dieser limitierende Faktor ist vielleicht bald Vergangenheit, denn aktuell ist der neue GLPA-1-Agonist Danuglipron in der Entwicklungsphase, welcher unabhängig von der Nahrungsaufnahme wirksam ist.

Fazit für die Praxis:

Die GLP-1-RA zählen nicht nur aufgrund der effektiven Zuckerstoffwechselregulation und Gewichtsreduktion zu den priorisierten Antidiabetika, sondern sie nehmen auch immer mehr an Anwenderfreundlichkeit zu. Das oral verfügbare Semiglutid ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung und es kann aufgrund seines günstigen Nutzen-Risiko-Profils durchaus mit seinen parenteralen Vorgängern mithalten.

Quelle: 
Meier, J. Juris, Prof. Dr. med., Augusta Klinik Bochum, Sitzung: GLP-1 und mehr – Multitalente im Aufwind, Vortrag: Orale GLP1 Rezeptoragonisten – Aktueller Stand, Diabetes Kongress 2022, Berlin, 27.05.2022.