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Systemische Therapien revolutionieren Dermatologie

Im Interview erklärt Prof. Dr. Dr. Leena Bruckner-Tuderman, welche Erfolge in der Dermatologie beim 50. DDG besonders hervorzuheben waren.

Über die 50. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Dermatologie

esanum: Was bietet der Kongress der Deutschen Gesellschaft für Dermatologie 2019?

Bruckner-Tuderman: Wir feiern auf unserer 50. Tagung die jetzige Stärke der Dermatologie nach einer 130jährigen Geschichte der Fachgesellschaft. Und wir präsentieren das Fach in seiner ganzen Breite mit sehr vielen neuen systemischen Therapieoptionen und einem sehr großen Arsenal von therapeutischen Möglichkeiten: Operationen, physikalische Therapien, UV-Licht und vieles mehr. Der Kongress hat einen starken Fortbildungscharakter, er präsentiert die neuesten Sensationen in unserem Fach so, dass sie für alle Zuhörer verständlich sind, die klinisch tätig sind. 

esanum: Was finden Sie in diesem Jahr besonders spannend?

Bruckner-Tuderman: Es gibt eine Reihe ganz neuer Entwicklungen. Besonders spannend sind dieses Jahr neue systemische Therapien für verschiedene Hauterkrankungen, einmal für entzündliche Erkrankungen wie Neurodermitis und Psoriasis und andererseits für Hauttumoren, vor allem das maligne Melanom. Das sind Antikörper oder Signalvermittlungsinhibitoren – evidenzbasierte, neuartige Therapien, die die Forschung identifiziert hat und die jetzt zugelassen sind, als systemische Therapien, Infusionen, Tabletten. In den letzten zwei Jahren wurden fünf bis zehn neue Therapien zugelassen. Das ist für uns spannend und für die Patienten wunderbar, weil sie wegkommen von alleinigen äußeren Therapien wie Salben.

esanum:  Zuletzt hat die Onkologie viel Neues in die klinische Praxis eingeführt. Geht es derzeit so weiter?

Bruckner-Tuderman: Es gibt kontinuierlich neue Therapien. Und große klinische Studien, die mit tausenden Patienten die Verträglichkeit und Effektivität dieser Therapien zeigen. Die Immuntherapien, die PD1-Inihibitoren haben die Melanomtherapie geradezu revolutioniert. Das sind Klassen von Medikamenten, die sehr gut wirken, sehr verträglich sind.

esanum:  Welche Herausforderungen gibt es aktuell bei den STI, den sexuell übertragbaren Krankheiten?

Bruckner-Tuderman: Es ändern sich hier die Bedarfsprofile. Die Migration, Menschen aus Osteuropa, aus südlichen Ländern sowie Reiserückkehrer bringen andere Infektionen wieder zu uns, die man hier zuletzt seltener sah. Deswegen ist für uns Weiterbildung wichtig, um das Wissen zu aktualisieren - so dass man daran denkt, wenn jemand mit Beschwerden kommt.

esanum: Was ist bei der dermatologischen Forschung derzeit noch im Fokus?

Bruckner-Tuderman: Es gibt mehrere Bereiche, in denen die Forschung sehr aktiv ist. Zum Beispiel bei genetischen Mechanismen. Genetisch bedingte seltene Erkrankungen werden immer besser verstanden. Da kommen neue Therapien, auch für Krankheiten, bei denen man meinte, sie sind genetisch, da könne man nichts machen. Diese Forschung hat zugleich gezeigt, dass auch viele erworbene Erkrankungen ebenso einen genetischen Hintergrund haben. Auch in der Immunologie gibt es sehr viel gute Forschung, zum Beispiel zur Rolle der Zytokine bei Neurodermitis. Man verfeinert die Konzepte mit dem Ziel besserer und gezielterer Therapien mit weniger Nebenwirkungen. Und der dritte große Forschungsbereich ist natürlich die Onkologie.

esanum: Neue Diagnosemethoden setzen sich durch, schon können Computer Hautkrebs erkennen. Wie geht es weiter in der bildgebenden Diagnostik?

Bruckner-Tuderman: Dazu haben wir ebenfalls eine Keynote Lecture, bei der es darum geht, wie künstliche Intelligenz die dermatologische Diagnostik revolutionieren wird.

esanum: Gibt es Neues bei der Allergie-Forschung und Behandlung?

Bruckner-Tuderman: Da gibt es am meisten Neues in der Therapie. Zum Beispiel das neue Medikament Dupilumab, welches bei schwerer Neurodermitis als Systemtherapie eingesetzt werden kann. Die Ergebnisse sind sehr gut. Dazu gehört die klinische Forschung, also: wie viele Patienten werden wie gut, welches sind die Nebenwirkungen, wie kann man diese managen – das sind im breiteren Allergologie-Bereich die wesentlichen Forschungen.

esanum: Welche medizinischen Knackpunkte machen Ihnen besonders Sorgen? Wo wollen Sie unbedingt weiterkommen?

Bruckner-Tuderman: Man muss unbedingt weiterkommen bei Erkrankungen, die noch nicht sehr effizient behandelt werden können. Vor allem bei älteren Patienten, die multimorbide sind. Das betrifft zum Beispiel die Autoimmunerkrankungen, wo das Immunsystem entgleist und gegen die eigene Haut reagiert. Ich denke hier vor allem an Pemphigoid, Pemphigus und Sklerodermie - diese Art von Erkrankungen und ihre Ursachen sind noch nicht gut verstanden. Darum haben wir hier nicht so gute, gezielte Therapien. An diesen schwierigen Fragen wird aktiv geforscht. Ich hoffe für die Autoimmunerkrankungen, dass diese Forschungen eines Tages zu so großen Erfolgen führen, wie es nach vielen Jahren in der Melanomforschung geklappt hat.