Für Hausärzte, die sich niederlassen wollen, kann es günstiger sein, eine Praxis neuzugründen oder einer Berufsausübungsgemeinschaft beizutreten. Doch auch die Praxisübernahme hat ihren Reiz. Sie ermöglicht, auf die Erfahrungen des Abgebenden zurückzugreifen, was Planungssicherheit schafft.
Rund 33.500 Vertragsärzte werden in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen. Jeder Dritte ist bereits über 65 Jahre alt. Entsprechend hoch ist die Zahl der Praxen, die in naher Zukunft übergeben werden sollen. Der Verkaufserlös ist in der Regel ein fester Bestandteil im Altersvorsorgeplan. Er setzt sich aus einem ideellen und materiellen Wert der Praxis zusammen. Die materielle Substanz bezieht sich auf die bilanzierungsfähigen Wirtschaftsgüter einer Praxis, z.B. Räumlichkeiten, Einrichtung, Geräte und Vorräte. Der ideelle Wert orientiert sich am Ertragswert und den Gewinnen, die der neue Inhaber künftig erzielen könnte.
Die ursprüngliche Kalkulation der Altersvorsorge kann jedoch in Schieflage geraten. "Obwohl bei den Ärzten der Wunsch nach einer Einzelpraxis nach wie vor dominiert und die Zahlen für Existenzgründungen einschließlich der in ländlichen Regionen auf den ersten Blick gut aussehen, finden längst nicht alle Praxisinhaber einen Nachfolger", sagt Daniel Zehnich, Bereichsleiter Gesundheitsmärkte und -politik bei der Ärzte- und Apothekerbank (apoBank). Dass die Zahl der Praxisabgeber die der Existenzgründer übersteige, gelte für viele Regionen.
Knapp die Hälfte der frei werdenden Praxis betrifft die hausärztliche Versorgung. 2017 erzielten die Hausärzte für ihre Praxis einen durchschnittlichen Übernahmepreis in Höhe von 93.800 Euro, im Vorjahr waren es 90.000 Euro und 2015 etwa 78.000 Euro. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse auf Basis von 800 hausärztlichen Existenzgründern, die das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (ZI) und die apoBank gemeinsam durchführten. Für die Existenzgründer kommen Investitionskosten in Höhe etwa 50.000 Euro hinzu, etwa 6.000 Euro mehr als zuvor. Weniger Kosten verursacht eine Praxisneugründung oder der Eintritt in eine Berufsausübungsgemeinschaft (siehe Abbildung).
Dabei ist eine Hausarztpraxis noch relativ günstig zu haben. So liegt der Übernahmepreis für eine gynäkologische Praxis bei 157.200 Euro zuzüglich der Investitionskosten in Höhe von durchschnittlich 67.500 Euro. Bei einer internistischen Facharztpraxis steigt der Übernahmepreis auf 188.500 Euro, wobei die Investitionskosten mit 41.400 Euro niedriger ausfallen. Für die Fortführung einer orthopädischen Praxis müssen Ärzte gut 350.000 Euro kalkulieren, davon entfallen 273.200 Euro auf den Praxiswert. Äußerst gering sind hingegen die Kosten für eine psychotherapeutische, psychiatrische Praxis. Sie liegen bei 44.300 Euro. Der Bedarf an Nachfolgern ist hier besonders hoch, denn jeder vierte ärztliche Psychotherapeut ist zwischen 60 und 65 Jahre alt, jeder fünfte älter.
Überdurchschnittlich hohe Übernahmepreise lassen sich in den westlichen Bundesländern erzielen (NRW, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland), während im Norden und in den östlichen Bundesländern die Übernahmepreise für eine Hausarztpraxis im Schnitt bei 85.100 bzw. 80.700 Euro liegen. Auf welchen Preis sich Käufer und Verkäufer letztendlich einigen, hängt auch von der Gemeindegröße ab. Auf dem Land und in der Kleinstadt bewegen sich die Preise in den 70-Tausendern. In Großstädten ab 100.000 Einwohnern liegen sie im Schnitt bei 108.100 Euro. Umgekehrt verhält es sich bei den Investitionskosten, diese sind für Existenzgründer auf dem Land höher als in der Stadt.
Im Übernahmepreis schlägt sich das Prinzip von Angebot und Nachfrage nieder. So zieht es mehr als jeden dritten Arzt, der eine hausärztliche Existenz aufbauen möchte, in die Großstadt, als besonders attraktiv gilt eine Großstadt im Westen. Auf dem Land gründet gut jeder Zehnte. Unter jungen Ärzten ist die Bereitschaft, sich auf dem Land oder in einer Kleinstadt mit bis zu 20.000 Einwohnern niederzulassen, überproportional hoch. Dies könnte auf die Effekte von Förderprogrammen hinweisen.
Auf Portalen der Kassenärztlichen Vereinigungen und z.B. der apoBank finden Praxisabgeber und Interessenten zusammen. Speziell für ländliche Regionen wurde die Landarztbörse gegründet.