Beschwerden können "Schätze" sein. Doch zunächst gilt es, mit den eigenen Emotionen umzugehen. Besonderes Fingerspitzengefühl und Offenheit verlangt der Umgang mit Behandlungsfehlern.
Es passiert: Ein Patient ist verärgert und beschwert sich. Mal ist es die Praxisorganisation, mal die therapeutische Intervention, mal Fragen der Kostenerstattung. Gleich, was den Anlass gab, bei jeder Beschwerde schwingen Emotionen mit. Hierauf freundlich, ruhig und sachlich eingehen zu können, erfordert Selbstreflexion, denn auch beim Empfänger löst die ihm entgegengebrachte Unzufriedenheit, ein Vorwurf oder ein Reizwort, Emotionen aus bis hin zu körperlichen Reaktionen.
Nach dem Sechs-Phasenmodell (Karl Berkel 1997) beginnt ein erfolgreiches Konfliktgespräch damit, zunächst die eigene Erregung zu kontrollieren und zu bewältigen, bevor sich der Blick wieder auf den Konfliktpartner, d. h. hier auf den Patienten, richtet. Um Vertrauen (wieder) aufzubauen, bedarf es einer offenen Kommunikation des Mitteilens, Zuhörens und Nachfragens. Ziel ist es, gemeinsam zu einer Lösung zu kommen und hierüber Verbindlichkeit herzustellen. Doch damit ist der Konflikt noch nicht beendet. Er muss abschließend auf der persönlichen Ebene verarbeitet werden, d. h. beide Konfliktpartner müssen die getroffene Vereinbarung innerlich bejahen und akzeptieren und in ihr Selbstkonzept integrieren, statt unterschwelligen Groll zu hegen.
Mit etwas Abstand lässt sich das Positive einer Beschwerde erkennen, da sie Impulse für eine Verbesserung geben können. Nicht von ungefähr zeichnet sich im Einzelhandel ein gut organisiertes Beschwerdemanagement dadurch aus, dass der Beschwerdeempfänger dem Kunden dankt und dessen Beschwerde aufnimmt, ohne abzuwiegeln. Denn die Beschwerde signalisiert, dass der Kunde bereit ist, sich aktiv mit dem Unternehmen auseinanderzusetzen, statt wortlos fernzubleiben und seine negativen Erfahrungen Dritten zu berichten oder unter Umständen direkt den Rechtsweg zu wählen.
Ob die Beschwerde intern weitergeleitet wird oder sofort ein Lösungsweg gefunden werden kann, hängt von verschiedenen Faktoren ab (z. B. Beschwerdeinhalt, Organisationsstrukturen). Wichtig bleibt, über die nächsten Schritte Einvernehmen mit dem Kunden herzustellen. Doch nicht nur Kunden und Patienten können ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck bringen, manchmal sind es die Angehörigen, die eigenen Mitarbeiter oder Kooperationspartner. Ebenso vielfältig sind die Beschwerdewege.
In der Regel wendet sich ein unzufriedener Patient zunächst an das Praxispersonal, beispielsweise wenn die Wartezeiten lang sind oder private Abrechnungen moniert werden. Eine Beschwerde erreicht den behandelnden Arzt oder Praxisinhaber oft erst dann, wenn der Leidensdruck des Patienten hoch ist, was leicht über die reale Zufriedenheit mit der Praxis hinwegtäuscht. Doch sollten Beschwerden kein Tabu sein. Abhilfe kann ein systematisches Beschwerdemanagement schaffen, indem die Zahl der sich beschwerenden Patienten als auch Beschwerdeanlass und Lösungsweg festgehalten werden. Ein Blick auf die Dokumentation kann helfen, Verbesserungspotenziale zu identifizieren und anzugehen.
Ergeben sich Anhaltspunkte für einen Behandlungsfehler, müssen Ärzte darüber informieren (§ 630c Abs. 2 BGB). Der Arzt sollte das Gespräch zum frühestmöglichen Zeitpunkt suchen und so bewusst verhindern, dass die Situation eskaliere und das Vertrauen zutiefst gestört werde, rät die AG Kommunikation der Deutschen Gesellschaft für Qualitätsmanagement in der Gesundheitsversorgung (GQMG). Dies ist kein Schuldeingeständnis im straf- oder haftungsrechtlichen Sinne. "Daher verbieten sich Aussagen wie: 'Selbstverständlich verpflichte ich mich, den Schaden zu ersetzen', 'Für alle entstehenden Kosten komme ich auf' oder 'Ich bin für den Schaden verantwortlich'. Unkritisch ist dagegen eine wahrheitsgemäße Darlegung der Fakten, bei der die Frage nach Schuld oder Schicksal zunächst offenbleibt", macht eine Arbeitshilfe der AG zur Kommunikation unerwünschter Ereignisse deutlich.