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Arzneimitteltherapiesicherheit: Apotheker setzen auf Kooperation und Beratung

Apotheker streben ein heilberufliches Netzwerk an, in dem die Zuständigkeiten der Heilberufe klar geregelt sind. Die Richtung gibt das Perspektivpapier Apotheke 2030 vor, das auf dem Deutschen Apothekertag 2014 beschlossen wurde.

Interview mit Stefan Fink, Mitglied des geschäftsführenden Vorstands der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA)

Apotheker streben ein heilberufliches Netzwerk an, in dem die Zuständigkeiten der Heilberufe klar geregelt sind. Die Richtung gibt das Perspektivpapier Apotheke 2030 vor, das auf dem Deutschen Apothekertag 2014 beschlossen wurde.

esanum: Was hat sich seither getan, Herr Fink?

Fink: In mehreren Bundesländern sind Projekte gestartet, um die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) der Patienten zu erhöhen. Dies kann nur gelingen, wenn bekannt ist, welche Medikamente ein Patient tatsächlich einnimmt, denn nur so lassen sich Wechselwirkungen erkennen und nachteilige Effekte vermeiden. Wichtig ist aber auch das Gespräch mit dem Patienten, insbesondere mit älteren und mehrfach chronisch Erkrankten. Viele nehmen mehrere Arzneien gleichzeitig ein. Ist ihnen bekannt, weswegen ein Medikament verordnet wurde und wie es einzunehmen ist und was bei einer Selbstmedikation und bei Nahrungsergänzungsmittel zu beachten ist?

esanum: Wie könnte die Kooperation mit Ärzten aussehen?

Fink: Wir müssen unser Wissen austauschen. Der Arzt diagnostiziert und empfiehlt eine Therapie. Er weiß jedoch nicht, ob das Arzneimittelrezept eingelöst wurde und - sofern die Aut-idem-Regel gilt - welches Medikament der Patient erhalten hat. Das ist die Domäne der Apotheker. Wir erfahren auch, ob der Patient darüber hinaus Rezepte eines anderen Arztes einlöst oder Arzneien und Präparate kauft, die nicht über die Krankenkasse abgerechnet werden können. Es reicht aber nicht, nur Informationen bereitzustellen. Dann gäbe es schnell einen „Datenfriedhof“. Es muss jemand da sein, der sich darum kümmert, die Daten zu analysieren und in AMTS-Maßnahmen zu überführen.

esanum: Was erwarten Apotheker von Ärzten?

Fink: Keine Berufsgruppe kann alles abdecken, umso wichtiger sind Akzeptanz und klare Regelungen: wer macht was? Im Prinzip könnte das Arzneimittelmanagement, einschließlich der Analyse und Beratung, auch von (Haus-)Ärzten übernommen werden. Allerdings dauert allein das Beratungsgespräch für die Medikationsanalyse etwa 30 Minuten. Das spricht dafür, die Aufgabe in den Apotheken anzusiedeln. Apotheker sind Experten für pharmakologische Fragen und als solche bereits in die Arzneimitteltherapie einbezogen, wenn Wirkstoffe verordnet worden sind oder Rabattverträge beachtet werden müssen.

esanum: Gibt es good practice-Modelle, in denen das umgesetzt wird?

Fink: Standards werden in der Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen, kurz: ARMIN, gesetzt. An dem Projekt beteiligen sich je 500 Ärzte und Apotheker. Die letzte Stufe, das Medikationsmanagement, startete 2016 nach einer Vorlaufzeit von zwei Jahren, denn erst mussten Schnittstellen zur vorhandenen Software in den Praxen und Apotheken entwickelt und den Apotheken Zugang zum KV-Safenet eingeräumt werden. Inzwischen sind rund 4500 Versicherte der AOKplus eingeschrieben. Voraussetzung ist, dass sie mindestens fünf Wirkstoffe über ein halbes Jahr gleichzeitig einnehmen und eine koordinierende (Haus-)Arztpraxis und eine Stammapotheke ausgewählt haben. Die Apotheke übernimmt es, die Informationen – aus eigener Datenbank, AOK-Daten, Medikationsplan, zum Gespräch mit gebrachte Medikamente oder Beipackzettel – zusammenzuführen und die Dokumentation zu aktualisieren, so dass der koordinierende Arzt Einblick hat und relevante Informationen gezielt an mit-behandelnde Fachärzte weiterleiten kann. Selbstverständlich können Arzt und Apotheker auch ergänzende Kommentare zu einzelnen Medikamenten hinterlegen. Auf diese Weise reduzieren sich die telefonischen Nachfragen auf die wirklich ernsten Fälle.

esanum: Welche Bedeutung messen Sie dem elektronischen Medikationsplan bei?

Fink: Künftig sollen alle behandelnden Ärzte undabgebenden Apotheken den Datensatz über die Telematik-Infrastruktur aktualisieren können. Unsere Erfahrungen aus dem ARMIN-Projekt sprechen dafür, dass ein solch hohes Datenaufkommen nur dann sinnvoll ist, wenn es eine koordinierende Stelle gibt, die hieraus Empfehlungen für die Therapie ableitet. Mit dieser Einschätzung haben wir uns bereits an das Bundesgesundheitsministerium gewandt und hoffen, dass sich dies in den weiteren Vorgaben niederschlägt.

esanum: Vielen Dank für das Gespräch!