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Zerebrale Komplikationen durch onkologische Immuntherapien

Die Ergebnisse einer aktuellen Studie können Ärzten bei der frühzeitigen Erkennung und Behandlung einer Immun-Checkpoint-Inhibitor-induzierten Enzephalitis helfen.

Die Ergebnisse einer aktuellen Studie können Ärzten bei der frühzeitigen Erkennung und Behandlung einer Immun-Checkpoint-Inhibitor-induzierten Enzephalitis helfen.

Die Entwicklung von Immun-Checkpoint-Inhibitoren (ICIs) gilt als ein Meilenstein in der Behandlung onkologischer Patienten. Durch Aktivierung des Immunsystems kommt es jedoch bei 86–96% der Patienten zu immunvermittelten Nebenwirkungen (irAEs für "immune related adverse events"). Bei 17–59% der Patienten verlaufen diese schwer oder lebensbedrohlich.1

Eine Vielzahl von neurologischen Auswirkungen wurde bei 2–6% der Patienten berichtet. Als eine schwere autoimmune Nebenwirkung kann eine ICI-induzierte Encephalitis auftreten, wobei das Spektrum von vollständiger Erholung bis zu letalen Ausgängen reicht.
Ein aktuelles systematisches Review2 fasst Erfahrungen von 82 betroffenen Patienten zusammen (77 publizierte Fallserien aus der Literatur und 5 Aufzeichnungen aus Patientenakten der eigenen Klinik der Forscher, dem Universitätsklinikum Bellvitge, Barcelona).

Zwei wesentliche Präsentationen des Krankheitsbildes

Von den 82 untersuchten Fällen, die zwischen Juni 2000 (erste Patientendosis von Ipilimumab) und April 2020 berichtet wurden, entfielen 63 % auf Männer, das Alter lag im Mittel bei 61 Jahren.
Immun-Checkpoint-Inhibitoren können der Übersichtsarbeit zufolge hauptsächlich zwei Arten encephalitischer Syndrome auslösen: eine Meningoencephalitis (44%) oder eine fokale limbische Enzephalitis (48%). Die verbleibenden 9% der Patienten hatten eine nicht klassifizierbare ICI-induzierte Enzephalitis.

Die erste Gruppe von Patienten wird mit einer diffusen Entzündung des Gehirns und der Hirnhäute auffällig, die sich in Kopfschmerzen, Fieber und Sprachstörungen äußert. Diese Patienten haben in der Regel eine günstige Prognose. Die andere Gruppe von Patienten entwickelt jedoch aggressivere Syndrome, die sich auf bestimmte Regionen des Gehirns konzentrieren. In diesen Fällen ist das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von Autoantikörpern gegen zerebrale Proteine entscheidend für die Prognose.
Bei 23 Patienten mit fokalen Syndromen und einem Patienten mit nicht klassifizierbarer ICI-induzierter Enzephalitis waren neuronale Autoantikörper nachweisbar. Die meisten Autoantikörper waren onkoneuronal (71%) und richteten sich gegen intrazelluläre Antigene.

Suche nach Parametern zur Einschätzung von Outcomes

Bisher ist wenig darüber bekannt, welche Faktoren zur Prognose-Abschätzung hilfreich sein könnten. ICI-induzierte Encephalitiden waren insgesamt mit einem günstigen Outcome verbunden, mit einer geringen Rate tödlicher Verläufe. Die klinische Präsentation und die systematische Messung von Autoantikörpern im Liquor könnte ein hilfreicher Leitfaden für die therapeutische Strategie und für die Einschätzung der Prognose sein, so die Autoren.

Patienten ohne fokales Syndrom hatten eine gute Prognose, gleiches galt für die Patienten mit fokalem Syndrom, bei denen keine Antikörper vorlagen (89%).
Unter den Patienten mit Autoantikörpern sprachen diejenigen mit Antikörpern gegen Glutaminsäure-Decarboxylase oder gegen die Zelloberfläche auf die Therapie an und hatten eine günstige Prognose (100%).
Patienten mit anderen Autoantikörpern nahmen einen schlechten Verlauf (71%).

ICIs können eine paraneoplastische Enzephalitis demaskieren

Antineuronale Autoantikörper, das Vorliegen eines fokalen Syndroms sowie abnormale MRT-Befunde korrelierten signifikant mit schlechten Outcomes.
Umgekehrt waren Fieber und mehr entzündliche Veränderungen im Liquor signifikant mit einer besseren Prognose assoziiert.

Die Autoren der Übersichtsarbeit heben außerdem die Möglichkeit hervor, dass ein unerkanntes, vorbestehendes paraneoplastisches encephalitisches Syndrom durch ICIs aktiviert werden kann. Das Vorhandensein von Autoantikörpern gegen zerebrale Strukturen, als Kollateraleffekt der Immunantwort des Patienten gegen den Krebs, die entweder durch die neuen Immuntherapien induziert werden oder subklinisch vorher vorhanden sind und zum Zeitpunkt der Verabreichung potenziert werden, ist unter allen verschiedenen Arten von ICI-induzierten Enzephalitis-Syndromen die prognostisch ungünstigste.3

Referenzen:
1. Ärzteblatt, D. Ä. G., Redaktion Deutsches. Checkpoint-Inhibitoren. Deutsches Ärzteblatt https://www.aerzteblatt.de/archiv/205623/Checkpoint-Inhibitoren (2019).
2. Velasco, R. et al. Encephalitis Induced by Immune Checkpoint Inhibitors: A Systematic Review. JAMA Neurology (2021) doi:10.1001/jamaneurol.2021.0249.
3. Researchers define the clinical characteristics of the cerebral complications caused by oncological immunotherapies that determine the evolution – Idibell. https://idibell.cat/en/2021/03/researchers-define-the-clinical-characteristics-of-the-cerebral-complications-caused-by-oncological-immunotherapies-that-determine-the-evolution/.