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Viele onkologische Patienten versterben nicht am Tumor selbst

Welches sind die häufigsten Todesursachen bei onkologischen Patienten? Das Risiko für einen nicht tumorbedingten Tod kann heute größer sein als jenes für einen tumorbedingten – insbesondere bei jungen Patienten im ersten Jahr nach Diagnose.

Welches sind die häufigsten Todesursachen bei onkologischen Patienten? Das Risiko für einen nicht tumorbedingten Tod kann heute größer sein als jenes für einen tumorbedingten – insbesondere bei jungen Patienten im ersten Jahr nach Diagnose.

Im Jahr 2013 gab es weltweit 8 Mio. Krebstote. Damit haben sich Tumorerkrankungen seit 1990 von der dritt- zur zweithäufigsten Todesursache (nach kardiovaskulären Erkrankungen) entwickelt.1

Doch die meisten Krebspatienten sterben heutzutage nicht mehr an ihrem Haupttumor. Eine in den Annals of Oncology erschienene Arbeit wertete Daten aus den USA von 1973 bis 2012 aus und kam zu dem Schluss, dass Sekundärmalignome, Therapiekomplikationen und andere Diagnosen den Indextumor inzwischen als Haupttodesursache bei Krebspatienten abgelöst haben.2
Ein wichtiges Thema – nicht zuletzt, weil es von Patienten oft gänzlich anders wahrgenommen wird.

Viele Tumorpatienten versterben an kardiovaskulären Erkrankungen

Den stärksten relativen Rückgang an Indextumor-Todesfällen gab es bei Neoplasien der folgenden Lokalisationen:

Die meisten nicht krebsbedingten Todesursachen waren bei Patienten mit Neoplasien des Kolons, Rektums, Endometriums, der Blase, Nieren, Mamma, Prostata und Hoden zu verzeichnen. In über 40% verstarben die Patienten an kardiovaskulären Erkrankungen; am häufigsten in Zusammenhang mit höherem Alter oder Therapiekomplikationen.

Mortalität durch nichtbakterielle Infektionen

Für die Auswertungen wurden insbesondere die standardisierten Sterblichkeitsraten (standardized mortality ratios = SMRs) berücksichtigt, die das relative Sterberisiko im Vergleich zu allen Menschen angeben.

Die höchsten SMRs hingen mit (wahrscheinlich therapiebedingten) nichtbakteriellen Infektionen zusammen, insbesondere bei unter 50‑Jährigen (z. B. SMR > 1.000 beim Lymphom, p < 0,001). Dieses Risiko war typischerweise im ersten Jahr nach Diagnosestellung am größten (SMRs 10–10.000, p < 0,001).
Nachdem sich die Heilungsraten für Neoplasien im Kindes- und Jugendalter sowie im jungen Erwachsenenalter verbessert haben (v. a. Lymphome, Leukämien), entfällt hier inzwischen ein großer Teil der Todesfälle auf behandlungsassoziierte Komplikationen.

Weitere Tumorentitäten

Die Überlebensraten nach Tumorerkrankungen steigen. Umso wichtiger wird es, diejenigen Patienten mit dem höchsten Sterberisiko und die wahrscheinlichsten Todesursachen zu identifizieren.

Insgesamt ist die Wahrscheinlichkeit, am Indextumor zu versterben, für Patienten mit Neoplasien von Lunge, Pankreas und Gehirn am höchsten.
Prostata- und Mammakarzinom-Patienten haben das höchste Risiko, an einer nicht tumorbedingten Ursache zu versterben. Bei Patienten mit Prostatakarzinom waren steigende SMRs durch M. Alzheimer und bei Patienten mit Hodenkrebs durch Suizid zu verzeichnen. Sekundärmalignome spielen eine wichtige Rolle bei Patienten mit hämatologischen Neubildungen, sowie Tumoren von Oropharynx, Larynx und Hoden. Diese Population könnte von einer optimierten Nachüberwachung profitieren.

Das psychische Leiden durch Krebs ist oft größer als das körperliche

In der Bevölkerung wird kaum eine andere Diagnose so sehr mit einem Todesurteil gleichgesetzt wie Krebs. Es braucht nicht besonders betont zu werden, dass es sich um eine ernste Erkrankung handelt, aber in vielen Fällen eben auch um eine durchaus behandelbare. Mit dieser Botschaft sind viele Patienten jedoch kaum zu erreichen. Häufig hört man allzu verständliche Reaktionen oder liest Sätze der Verzweiflung in Patientenforen, wie diese: "Das war's dann wohl"3, "Ich habe eine Tochter, die 1 Jahr ist und ich möchte sie aufwachsen sehen"4, oder "Am Ende ist es leider einfach Glück, ob man das 'Krebsspiel' gewinnt oder verliert"4. Auch gut gemeinte, aber falsche Rhetorik von Mitpatienten oder Angehörigen geht häufig in diese Richtung: "Du musst kämpfen"5 oder "Furchtbar, dass es Dich in so jungen Jahren erwischt hat, da weint mein Mutterherz."4

Für viele Patienten ist die psychische Belastung (Angst, Depression, Vereinsamung, psychosomatische Beschwerden) durch eine Krebserkrankung größer als das durch die körperlichen Symptome verursachte Leiden.6 Eine psychoonkologische Mitbetreuung und Mitbehandlung kann daher immens wertvoll sein.

Referenzen:
1. GBD 2013 Mortality and Causes of Death Collaborators. Global, regional, and national age-sex specific all-cause and cause-specific mortality for 240 causes of death, 1990-2013: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2013. Lancet 385, 117–171 (2015).
2. Zaorsky, N. G. et al. Causes of death among cancer patients. Ann. Oncol. 28, 400–407 (2017).
3. PK - was nun? Available at: https://forum.prostatakrebs-bps.de/showthread.php?7826-PK-was-nun. (Accessed: 18th April 2019)
4. Neuling - triple positiv mit 27. Forum der Frauenselbsthilfe nach Krebs Available at: https://forum.frauenselbsthilfe.de/forum/thread/7530-neuling-triple-positiv-mit-27/. (Accessed: 18th April 2019)
5. Umgang mit Krebskranken: Die falsche Rhetorik der Angehörigen. Available at: https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/gesundheit/umgang-mit-krebskranken-die-falsche-rhetorik-der-angehoerigen-15266490.html. (Accessed: 18th April 2019)
6. Wenn Krebs die Seele frisst - Patienforum am Mops. Lokalkompass Available at: https://www.lokalkompass.de/hagen/c-ratgeber/wenn-krebs-die-seele-frisst-patienforum-am-mops_a572729. (Accessed: 18th April 2019)