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Verordnung zur Änderung: Zu wenige onkologische Patienten erhalten Unterstützung zum Rauchstopp

Trotz Fortschritten in der Versorgung von Krebspatienten bleibt eine eigentlich immer verfügbare, umsetzbare und kosteneffektive Strategie zur Maximierung des Therapieerfolges bislang zu oft vernachlässigt: Rauchstopp.

Trotz Fortschritten in der Versorgung von Krebspatienten bleibt eine eigentlich immer verfügbare, umsetzbare und kosteneffektive Strategie zur Maximierung des Therapieerfolges bislang zu oft vernachlässigt: Rauchstopp.

Zum Zeitpunkt der Krebsdiagnose ist jeder zweite Patient Raucher. Die Tatsache, dass das Rauchen bei Krebspatienten oft unzureichend thematisiert wird, fordert hohe Kosten. Fortgesetzter Nikotinabusus nach einer Krebsdiagnose erhöht die Mortalität nach Therapie, das Risiko für Rezidive und neue Primärtumore sowie die Nebenwirkungsraten der Tumortherapie.1,2 Hingegen ist ein Rauchstopp nach einer Krebsdiagnose mit längerem Überleben und niedrigerem Risiko für neue Tumoren assoziiert.1

Vergebene Chancen

Empfehlungen von Fachgesellschaften zum Trotz, allen Tumorpatienten effektive Hilfen zum Rauchstopp anzubieten, fällt dieser Bestandteil der Versorgung oft hinten herunter. Eine Untersuchung von 58 Krebszentren in den USA ergab, dass nur 21% Rauchstopp-Interventionen anboten. Nur 62% gaben routinemäßig Info-Material an Patienten aus und weniger als die Hälfte verfügten über einen Mitarbeiter, der speziell für solche Behandlungsleistungen zuständig war oder eine Klinikleitung, die sich für solche Leistungen einsetzte.3

Diese Unachtsamkeit hatte vorhersehbare Auswirkungen. Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung sind Krebspatienten häufiger Raucher. Neben der höheren Krebs-Prävalenz unter Rauchern spiegelt dies das Defizit an erfolgreicher Vermittlung von Rauchstopp-Therapien in onkologischen Settings wider. Nur knapp die Hälfte der Onkologen besprechen Abstinenz-Optionen (auch medikamentöse) regelmäßig mit ihren Patienten und eine ähnliche Anzahl behandelt die Raucher konsequent oder überweist sie an entsprechende Stellen. Wiederum nur die Hälfte der Krebspatienten, die weiterhin rauchten, gaben an, im vergangenen Jahr Beratung oder Unterstützung zum Aufhören erhalten zu haben.3

Wie kommt es zu dieser Lücke in der Versorgung?

Klinikärzte sind – verständlicherweise – oft auf die dringliche Behandlungsnotwendigkeit des Tumors fokussiert. Der Tabakentwöhnung wird dann zuweilen ein zu geringer Stellenwert beigemessen.

Obwohl das Rauchen 30% aller Krebstodesfälledirekt verursacht, werden die mit dem Fortsetzen eines Abusus hervorgerufenen Schäden möglicherweise nicht ernst genug genommen. Vielen Patienten ist nicht bewusst, dass ihre Heilungschancen davon abhängen. Eine kleinere deutsche Studie an Patienten mit Prostatakarzinom offenbarte, dass gerade einmal 56% einen Zusammenhang zwischen Zigarettenkonsum und ihrer Tumorprognose für möglich hielten.4 Nur 9% der aktiven Raucher, 10% der Ex-Raucher und 4% der Nichtraucher hatten mit ihrem Urologen ein Gespräch über die Assoziation zwischen Prognose und Rauchverhalten. Und gerade einmal 4,5% der aktiven Raucher wurden medizinische Hilfen zum Rauchstopp durch den Hausarzt angeboten; keiner der Patienten erhielt solche Unterstützung durch einen Urologen. Und dies anno 2013/14.

Des Weiteren zeigte eine Umfrage unter mehr als eintausend Onkologen, dass viele Kliniker denken, sie verfügen nicht über die nötige Ausbildung, um effektive Rauchstopp-Behandlungen anzubieten oder auch, dass ihre Patienten solche Behandlungen ablehnen würden oder, dass es ohnehin nicht erfolgreich wäre.5
Effektive Rauchstopp-Interventionen können die Wahrscheinlichkeit, erfolgreich aufzuhören, verdoppeln oder verdreifachen und neu aufkommende Therapien verbessern diese Raten weiter. Doch solche Behandlungen werden Patienten selten im Rahmen ihrer Krebstherapie angeboten. Einige Ärzte fürchten auch, der Fokus auf das Rauch-Problem könne Schuld und Scham exazerbieren, die Raucher oft in Reaktion auf eine Krebsdiagnose entwickeln.

Rauchstopp-Programme ausbauen

All diese Faktoren sowie limitierte Ressourcen haben viele Jahre über den effektiven Einsatz von Rauchstopp-Therapien bei Krebspatienten verhindert. Patienten sollten an jedem Knotenpunkt dazu angehalten werden, das Rauchen zu beenden.

Ein Artikel in der Februar-Ausgabe des New England Journal of Medicine3 stellt eine Variante vor, wie der Nachhol-Bedarf in den USA angegangen wird: als Teil des 'Cancer Moonshot' Programms hat das NCI (National Cancer Institute) eine landesweite Initiative gestartet, in deren Rahmen bislang 42 Krebszentren über 2 Jahre finanzielle Förderung erhalten (250.000 $ jährlich), um effektive Behandlungsleistungen zum Rauchstopp auszubauen und zu implementieren. 

Positiv ins Auge sticht auch die Internetpräsenz der Schweizer Krebsliga.6 Patienten können hier zwischen verschiedenen Unterstützungsangeboten wählen. In Städten besteht die Möglichkeit, Einzelberatungen oder Gruppenkurse zu besuchen, die "Rauchstopplinie" bietet ausführliche Beratungsgespräche per Telefon an und wer die Sache in Eigenregie angehen will, erhält über ein computergestütztes Entwöhnungsprogramm eine genaue Anleitung. So können Patienten herausfinden, welche Aufhörmethode für sie persönlich die beste ist, wie sich die Nikotinabhängigkeit mit pharmakologischen Maßnahmen schrittweise abbauen lässt und wie Entzugserscheinungen verringert werden können. 

Ähnlich gestaltet ist das deutsche Portal rauch-frei.info der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZGA). Hier finden Patienten hilfreiche Informationen, können sich kostenfrei für ein Online-Ausstiegsprogramm registrieren, welches täglich Tipps und individuelle Erfolgsstatistiken ausgibt, und im Forum können Aufhörer Probleme, Tipps und Erfolgsgeschichten untereinander austauschen. Auch über die Risiken von E‑Zigaretten wird informiert.
Aber noch besser als aufzuhören, ist es natürlich, gar nicht erst anzufangen. Die Deutsche Krebshilfe unterstützt bspw. das bundesweite Projekt zum Nichtrauchen in Schulklassen "Be Smart – Don’t Start". Schirmherr Dr. Eckart von Hirschhausen motiviert humorvoll Jugendliche, nicht mit dem Rauchen anzufangen.7

Referenzen
1. Gritz, E. R., Toll, B. A. & Warren, G. W. Tobacco use in the oncology setting: advancing clinical practice and research. Cancer Epidemiol. Biomarkers Prev. 23, 3–9 (2014).  
2. The Health Consequences of Smoking—50 Years of Progress: A Report of the Surgeon General, 2014 | SurgeonGeneral.gov. Available at: https://www.surgeongeneral.gov/library/reports/50-years-of-progress/index.html. (Accessed: 17th February 2019)
3. Croyle, R. T., Morgan, G. D. & Fiore, M. C. Addressing a Core Gap in Cancer Care — The NCI Moonshot Program to Help Oncology Patients Stop Smoking. New England Journal of Medicine 380, 512–515 (2019).
4. May, M. et al. [What do prostate cancer patients know about smoking? : Results of a bicentric questionnaire study (KRAUT study)]. Urologe A 55, 1078–1085 (2016).
5. Warren, G. W. et al. Identifying Targeted Strategies to Improve Smoking Cessation Support for Cancer Patients. J Thorac Oncol 10, 1532–1537 (2015).
6. Ein Rauchstopp lohnt sich! Krebsliga Available at: https://www.krebsliga.ch/krebs-vorbeugen/gesunder-lebensstil/nicht-rauchen/ein-rauchstopp-lohnt-sich/. (Accessed: 18th February 2019)
7. Rauchen und Krebs. (2018). Available at: https://www.krebshilfe.de/informieren/ueber-krebs/ihr-krebsrisiko-senken/rauchen-und-krebs/. (Accessed: 18th February 2019)