In Atlanta treffen sich dieser Tage wieder hämatologische Spezialisten aus aller Welt zum renommiertesten Fachkongress der Zunft: der Jahrestagung der American Society for Hematology (ASH).
Wie in fast allen onkologischen Teilbereichen, überschlagen sich dank der rasanten Entwicklung der Immuntherapien auch hier die Ereignisse. Mit zielgerichteten, immer passgenaueren Behandlungsansätze scheint die Krebsmedizin von heute in eine ganz neue Liga aufgestiegen zu sein. Kleine und große Durchbrüche können vermeldet werden und stimmen zuversichtlich, was die Zukunft betrifft...
Eines der jüngsten Zuwächse stellt hier die CAR-T-Zell-Therapie dar, bei der gentechnologisch veränderte T-Zellen mit synthetischen, antigenspezifischen Rezeptoren (Chimeric Antigen Receptor) zum Einsatz kommen.
Für reichlich Gesprächsstoff sorgten beim diesjährigen ASH-Kongress so auch mehrere Studien, die den Einfluss der CAR-T-Zell-Behandlung auf besonders "therapierenitente" Krebsarten untersuchten. Hier ein kurzer Anriss:
In einer Follow-up-Analyse der ZUMA-1-Studie zeigte sich ein initial gutes Ansprechen mit genetisch modifizierten Zellen auch nach einem Jahr noch konsistent und stark. In der Untersuchung wurde 108 Patienten mit einem schnellwachsenden, refraktärem NHL eine Einzel-Infusion Axicabtagene Ciloleucel (Axi-Cel) verabreicht. Die hier verwendeten T-Zellen waren auf die Attacke des CD-19-Proteins abgerichtet, welches sich regelmäßig auf malignen Lymphomzellen findet.
Nach 12 Monaten zeigte sich eine Überlebensrate von 50 % sowie eine Remissionsrate von 42 %. Bei 40 Prozent der Betroffenen konnte zu dem Zeitpunkt keinerlei Krebsnachweis mehr festgestellt werden. Insgesamt ein signifikanter klinischer Vorteil mit überschau- und behandelbaren Nebenwirkungsprofil.
Darüber hinaus wurde auch hinsichtlich der Frage nach Mechanismen der Therapieresistenz ein wenig Licht ins Dunkel gebracht: Der Grund, warum die Therapie nach Axi-Cel-Gabe bei einigen Patienten versagte, konnte hier nämlich auf einen Verlust von CD19 und der Zunahme einer PD-L1-Expression zurückgeführt werden.
Auch in einem weiteren Fall konnte eine erstaunlich lange Remissionsdauer erreicht werden. So zeigte sich bei einem halbjährlichen Follow-up im Rahmen der JULIET-Studie, dass viele Patienten mit einem diffusen großzelligen B-Zell-Non-Hodgkin Lymphom nach einmaliger Gabe von CTL019 (Tisagenlecleucel) fortdauernd stabil waren: Trotz refraktärem bzw. rezidivierendem Tumorleiden betrug die Ansprechrate nach 6 Monaten immer noch 37 % – davon 30 % komplett und 7 % partiell.
Weiterhin konnte belegt werden, dass eine Remission nach 3 Monaten meist ein Indikator für eine längerfristige Rezidivfreiheit war. Auch hier waren unerwünschten Zwischenfälle selten und gut zu managen.
Das Ziel dieser CAR-T-Zell-Therapie bei den, auch DLBCL abgekürzten Tumoren war auch hier wieder das CD-19-Protein der Malignome. Trotzdem zeigte sich der Studienleiter Prof. Stephen Schuster von der University of Pennsylvania beim ASH-Kongress über die ausgesprochen guten Ergebnisse erstaunt – offenbar hätte man diese vielversprechenden Prozesse noch nicht vollständig durchdrungen. Es sei aber spannend und sehr erfreulich, dass man auf diese Weise konventionell austherapierten Betroffenen in puncto Symptomkontrolle und Überlebenszeit helfen könne – und das auch mit nur einer Behandlung
Und auch eine dritte Studie verdeutlicht die bemerkenswerte Wirkung der CAR-T-Zell-Therapie, diesmal bei massiv vorbehandelten Patienten mit Multiplem Myelom. Fein, klein, aber die größte Erhebung ihrer Art, stand in dieser Phase-I-Studie das BCMA (B-cell maturation antigen) im Fokus. Dieser von der großen Mehrzahl Multipler Myelome exprimierte Marker wurde dabei mithilfe des zielgerichteten bb2121 angegangen. Die Response-Rate lag letztlich bei 86 % – und das bei rezidivierten bzw. nach durchschnittlich 7 Vorbehandlungen therapieresistenten Tumoren. Insbesondere bei Dosierungen über 50 x 106 CAR-T-Zellen bot bb2121 aussichtsreiche Optionen – wieder bei nur einmaliger Infusion und tolerablen Begleiterscheinungen.
Diese frühen, aber überzeugenden Daten unterstreichen das Potenzial dieses Therapieansatzes als neues Behandlungs-Paradigma bei RRMM (Relapsed/ Refractory Multiple Myeloma).
Beim ASH-Kongress 2017 war die CAR-T-Zell-Behandlung also ein großes Thema. Diverse Experten betonten dabei auch die diametral unterschiedliche Herangehensweise zu den bisher üblichen Therapien in der hämatologischen Onkologie.
Bleibt zu hoffen, dass dieses innovative Multitalent künftig auch weiterhin noch so manche wissenschaftliche Erwartung sprengen und deutlich übertreffen kann...
Referenzen:
Long-Term Follow-up ZUMA-1: A Pivotal Trial of Axicabtagene Ciloleucel (Axi-Cel; KTE-C19) in Patients with Refractory Aggressive Non-Hodgkin Lymphoma (NHL). Neelapu S et al. Abstrat #578 at ASH-congress 2017
Primary Analysis of Juliet: A Global, Pivotal, Phase 2 Trial of CTL019 in Adult Patients with Relapsed or Refractory Diffuse Large B-Cell Lymphoma. Schuster S et al. Abstrat #577 at ASH-congress 2017
Durable Clinical Responses in Heavily Pretreated Patients with Relapsed/Refractory Multiple Myeloma: Updated Results from a Multicenter Study of bb2121 Anti-Bcma CAR T Cell Therapy. Kochenderfer J et al. Abstrat #740 at ASH-congress 2017
CAR T-Cell Therapies Drive Outcomes in Lymphoma, Myeloma.Treatments Hold Promise for People with Hard-to-Treat Blood Cancers. The American Society of Hematology (ASH). Press release, Dec, 10, 2017.