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Richtig viel in Bewegung rund um das Ovarialkarzinom....

Tumoren, deren Behandlung bisher ausgesprochen limitiert und unbefriedigend war, können seit einiger Zeit mit einem Spektrum innovativer Therapieoptionen zunehmend erfolgreich angegangen werden. Teilweise tut sich erstmals sei Jahrzehnten wieder Entscheidendes...

Erfreulicherweise zieht sich ein Thema gerade wie ein roter Faden durch die Onkologie und somit auch durch diesen Blog: Tumoren, deren Behandlung bisher ausgesprochen limitiert und unbefriedigend war, können seit einiger Zeit mit einem Spektrum innovativer Therapieoptionen zunehmend erfolgreich angegangen werden. Teilweise tut sich erstmals sei Jahrzehnten wieder Entscheidendes...

Ein weiteres Beispiel in dieser Folge ist nun das Ovarialkarzinom, eines der tückischsten und tödlichsten gynäkologischen Malignome. Die durchschnittliche 5-Jahrsüberlebensrate beträgt lediglich rund 40 %. was auch darauf zurückzuführen ist, dass die Krankheit lange Zeit symptomlos verläuft und in Dreiviertel der Fälle erst im fortgeschrittenen Stadium entdeckt wird. Zudem erleiden 85 % der Betroffenen einen, bisher kaum behandelbaren und damit prognostisch oft fatalen Rückfall.

Es scheint auch die histologische Heterogenität des Tumors zu sein, die die Krankheit therapeutisch so schwer zugänglich macht. Man geht davon aus, dass innerhalb eines einzigen Karzinoms mehrere, genetisch völlig unterschiedliche Subtypen existieren können. Erwischt man eine Unterart mit Chemo- oder zielgerichteter Therapie, ist das Malignom damit noch längst nicht besiegt... Auf dieser Basis setzt man heute, im Zeitalter der Immuntherapie explizit auf die Kombination mehrerer Agentien. Hier geht man davon aus, dass sich durch den Einfluss des einen Wirkstoffs auch die Vulnerabilität der Tumorzellen gegenüber dem zweiten Arzneimittel erhöht und sich der Effekt damit potenziert. 

Äußerst resistentes Karzinom

Immuntherapeutika vom Typ Checkpoint-Inhibitoren vermögen darüber hinaus generell eine größere Palette verschiedenartiger Tumorzellen zu eliminieren als herkömmliche Krebsmittel, was bei fortgeschrittenen, wiederkehrenden Ovarialkarzinomen in bis zu 15 % zu längerfristiger Remission führt – allein bei Monotherapie.

Einen weiteren großen Meilenstein erlangten Wissenschaftler, mit der Entwicklung der PARP-Inhibitoren –  insbesondere bei den erblichen Varianten mit BRCA-Mutationen. Dabei kann das Enzym Poly(ADP-Ribose)-Polymerase, welches bei der Reparatur geschädigter Tumor-DNA mitwirkt, gebremst werden, was zur Selbstauflösung der Krebszellen führt. Dieser Wirkmechanismus galt bereits bei Markteinführung der mittlerweile bewährten PARP-Hemmer Olaparib und Rucaparip als kleine Revolution – verschaffte sie den schwerkranken Patientinnen doch eine längere rezidivfreie Phase bei auffallend guter Lebensqualität.

Kleine und große Durchbrüche

Aktuell sind auch mehrere neue PARP-Antagonisten in der finalen Test-Periode. So erreichte z.B. auch Niraparib in der entscheidenden Phase III-Studie eine signifikant erhöhte Rate des medianen progressionsfreien Überlebens – 21 Monate versus 5,5 bei Placebo! – und dürfte nach der diesjährigen Bewilligung in den USA auch in der EU kurz vor der beantragten Zulassung stehen.

Ebenfalls gilt der Angiogenesehemmer Bevacizumab seit seiner Zulassung für diverse fortgeschrittenene Krebserkrankungen, auch bei Ovarialkarzinomen als effektives Mittel zur Verbesserung des Outcomes. Dieser monoklonale Antikörper aus der Gruppe der Immunglobuline kann im Rahmen einer Chemotherapie gegeben werden – entweder als Erstlinien-Regime oder bei Rezidiv. Dabei zeigte Bevacizumab in diversen Studien einen relevanten Einfluss auf Symptomkontrolle und Überlebenszeitraum.

Weiterhin volle Pipeline

Für Patientinnen, deren Chance auf eine ausreichende Zytoreduktion durch OP oder Chemotherapie gering ist, spielt auch die neoadjuvante Chemotherapie mittlerweile eine größere Rolle und wird in den neuen Guidelines der Amerikanischen Krebsgesellschaften in vielen Fällen explizit empfohlen. 

In der Pipeline sind indes noch weitere immuntherapeutische Ansätze:  Neben der Kombination der Checkpoint-Inhibitoren Tremelimumab und Durvalumab mit Strahlentherapie gibt es auch konkrete Versuche mit einer personalisierten Neoantigen-Vakzine, die einen Rückfall bereits erkrankter Frauen verhindern soll. Diese neuartige Krebsimpfung steht für das Ovarialkarzinom zwar erst in der Rekrutierungsphase. Namhafte Onkologen versprechen sich hier allerdings weitere wichtige Etappensiege gegen den Krebs – übrigens gleichzeitig auch für andere Entitäten.

Überraschende Neuentdeckung

Auf dem diejährigen ASCO-Kongress sorgte darüber hinaus das experimentelle Arzneimittel ONX-0801 für großes Aufsehen. Britische Forscher des UK Institute for Cancer Research präsentierten eine kleine, aber sehr eindrücklichen Phase-1-Studie, bei welcher dieser neuartige Wirkstoff bei der Mehrzahl der bereits austherapierten Patientinnen Schrumpfungsprozesse ihrer Ovarialtumore auslöste.  

Ähnlich wie einige Zytostatika hemmt ONX-0801 dabei die Thymidylat-Synthase und damit ein Schlüsselenzym der DNA-Verkettung. Gerade proliferierende seröse Ovarialkarzinome haben einen hohen Bedarf an Folsäure und besitzen daher eine ausgesprochen hohe Dichte an Folsäurerezeptoren. Über diese wird der, letztlich Zelltod bringende Stoff wie eine Mimikry in den Tumor eingeschleust und reichert sich dort in einer Konzentration an, die das Maß gesunder Zellen um den Faktor von mehreren Tausend übersteigt. Dieses erklärt die gezielte Apoptose der bösartigen Zellen sowie die auffallend gute Verträglichkeit des Mittels.

Viel los also in der aktuellen Forschung und Klinik der Ovarialkarzinome....

Entscheidendes Problem vorerst ungelöst

Ein zentraler Knackpunkt bleibt allerdings weiterhin die häufig späte Diagnosestellung: Eine kürzlich im Lancet veröffentlichte, britische Studie mit über 200.000 Frauen bestätigte, dass selbst ein regelmäßiges Screening mit algorithmusbasierter Serum CA125-Analyse und transvaginalem Ultraschall kaum Verbesserung der Detektionsrate bringt – gerade auch in Abwägung und auf dem Hintergrund von falschpositiven Ergebnissen und nachfolgend oft schwerwiegenden OP-Komplikationen.

Eigentlich fast tragisch, dass man in Ermangelung suffizienter Früherkennungsmethoden noch inständiger auf die baldige, spürbare Verbesserung der Therapieoptionen hoffen muss.

Quellen:

  1. Neoadjuvant chemotherapy for newly diagnosed, advanced ovarian cancer: Society of Gynecologic Oncology and American Society of Clinical Oncology clinical practice guideline. J Clin Oncol. 2016;34(28):3460–3473. Wright A et al.
  2. Niraparib maintenance therapy in platinum-sensitive, recurrent ovarian cancer. N Engl J Med. 2016;375(22):2154–2164. Mirza M et al.
  3. ASCO 2017: Ovarian cancer drug delivers ‘very promising’ results in early trial. The Institute of Cancer Research. Webpage. June, 3, 2017.
  4. Update on relapsed ovarian cancer treatment: from new consensus to daily clinical practice. Future Oncol. 2017 Oct;13(23s):3-9. González-Martín A.
  5. Ovarian Cancer and Immunotherapy: An Update. Dana-Farber Cancer Institute. Website. Updated: October 27, 2017. Matulonis U.
  6. Ovarian cancer screening and mortality in the UK Collaborative Trial of Ovarian Cancer Screening (UKCTOCS): a randomised controlled trial. Lancet. 2016;387(10022): 945–956. Jacobs I et al.