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Akutes Nierenversagen unter Immuntherapien

In einer aktuellen Arbeit waren mit 25% deutlich mehr Behandelte von einem ICI-assoziierten akuten Nierenversagen betroffen als in früheren klinischen Studien.

Akute interstitielle Nephritis (AIN) häufigste renale Manifestation einer Immunaktivierung 

Aus Fallserien von Nierenbiopsien bei ICI-assoziiertem Nierenversagen geht in über 80% der Fälle eine akute interstitielle Nephritis (AIN) als histologische Diagnose hervor, die als immunvermittelte Nebenwirkung (IrAE) verstanden wird.2 IrAEs sind Off-Target-Effekte der T-Zell-Aktivierung gegen Nicht-Tumorzellen, die zu einer Schädigung verschiedener Organe, einschließlich der Niere, führen. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass andere Ursachen eines akuten Nierenversagens als eine AIN in Biopsieserien möglicherweise deutlich unterrepräsentiert sind, da diese Fälle, wenn sie vermutet werden, in der Regel ohne Biopsie behandelt werden.

Eine kürzlich im 'Journal for Immunotherapy of Cancer' veröffentlichte Studie1 untersuchte 2.207 Krebskranke, die eine Behandlung mit Ipilimumab, Nivolumab, Pembrolizumab, Durvalumab, Atezolizumab oder Tremelimumab begannen. Binnen eines Jahres entwickelten 25% von ihnen ein akutes Nierenversagen. Höheres Alter, chronische Niereninsuffizienz und Hypertonus erhöhten das Risiko. Betroffene mit AIN hatten ein schwereres Nierenversagen, was sich in einem höheren Serumkreatinin-Spitzenwert und höherem Steroid-Bedarf widerspiegelte.

Mortalität nach AIN niedriger als bei Nierenversagen aus anderer Ursache

Da ein akutes Nierenversagen das Sterberisiko von Krebskranken erhöhen kann, die mit Therapien wie Immun-Checkpoint-Inhibitoren behandelt werden, setzte das Team aus Yale die Zahlen in Kontext zu den Überlebensraten.

Insgesamt waren 28% der Behandelten ein Jahr nach ICI-Therapie verstorben. Ein akutes Nierenversagen ging mit einer Verdreifachung der 1-Jahres Mortalität einher (im Vergleich zu intakter Nierenfunktion). Dies traf aber nur auf Betroffene ohne AIN zu. Die Mortalität von Erkrankten mit AIN lag wesentlich niedriger als nach anderen Niereninsuffizienzen und entsprach dem Niveau derjenigen ohne akute Niereninsuffizienz (nach Bereinigung um demografische Daten, Komorbiditäten, Krebsart und -schwere).

Diese Analyse legt nahe, dass das akute Nierenversagen für eine Untergruppe möglicherweise gar keine schlechte Nachricht, sondern eher ein Hinweis darauf ist, dass die Immuntherapie wirkt: nämlich für die Subgruppe mit AIN.3 Hier könnte sie tatsächlich ein Zeichen für einen intensiven Angriff der T-Zellen auf die Krebszellen sein, meint Forschungsgruppenleiter Prof. Dennis Moledina. "Es gibt Parallelen in der Onkologie, wo Autoimmunreaktionen der Haut bei Immuntherapie-Patienten tatsächlich mit positiven Outcomes verbunden sind."

Etwa 10% der Fälle von Nierenversagen waren auf eine immuntherapiebedingte AIN zurückzuführen (geschätzt, da eine AIN mittels eines in Yale entwickelten Modells diagnostiziert wurde, das keine Biopsie erfordert).

Referenzen:
1. Baker, M. L. et al. Mortality after acute kidney injury and acute interstitial nephritis in patients prescribed immune checkpoint inhibitor therapy. J Immunother Cancer 10, e004421 (2022).
2. Perazella, M. A. & Shirali, A. C. Immune checkpoint inhibitor nephrotoxicity: what do we know and what should we do? Kidney Int 97, 62–74 (2020).
3. Insights & Outcomes: T cells, drinking risks, and COVID-19’s road ahead. YaleNews (2022).