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Arbeitsbelastung, Work-Life-Balance und Burnout bei Onkologen

Burnout ist unter Onkologen ein ernstzunehmendes Problem, welches gravierende persönliche und berufliche Konsequenzen haben kann. Anhand aktueller Studiendaten verschaffen wir uns einen Überblick über Häufigkeit, Risikofaktoren und Folgen.

Burnout ist unter Onkologen ein ernstzunehmendes Problem, welches gravierende persönliche und berufliche Konsequenzen haben kann. Anhand aktueller Studiendaten verschaffen wir uns einen Überblick über Häufigkeit, Risikofaktoren und Folgen.

Krebs ist ein zunehmendes globales Problem und der Bedarf für Onkologen steigt mit ihm. Die Versorgung von Krebspatienten, der hohe Anteil terminal Kranker, die Arbeitsverdichtung und die rasanten wissenschaftlichen Entwicklungen stellen erhebliche Anforderungen an die Behandler.
Umfragen und Studien zeigen eine signifikante Prävalenz von berufsbedingtem Burnout bei Onkologen weltweit. Daraus ergeben sich auch zunehmende Bedenken hinsichtlich der negativen Auswirkungen von Burnout auf das Wohlergehen von Onkologen und Patienten. 1

Hohes und emotional belastendes Arbeitspensum

Burnout ist ein stetes Problem in diversen medizinischen Fachrichtungen. Ärzte berichten signifikant häufiger über Burnout als Fachkräfte anderer Disziplinen und dies nimmt seinen Beginn bereits in der Studienzeit. 2
Ein Burnout kann sich schleichend entwickeln, was eine frühe Erkennung erschwert. Es ist jedoch nicht irreversibel – im Gegensatz zu Depressionen sind Burnout-Symptome nach Verbesserung der Arbeitsumgebung meist rückläufig, passend zu dem engen beruflichen Bezug. Als Risikofaktoren gelten vor allem frühe Karrierestufe, erhöhte Arbeitsbelastung und schlechte Work-Life-Balance. 3

Einem aktuellen systematischen Review zufolge befindet sich ein Drittel der Onkologen im hohen Burnout und ein Viertel hat eine hohe psychiatrische Morbidität. Bis zu 69% fühlten sich auf der Arbeit gestresst und > 12% screenten positiv für Depressionen. Viele leiden außerdem unter Schlafmangel, bis zu 30% trinken in problematischem Maße Alkohol und bis zu 20% der jungen Onkologen nehmen Hypnotika ein. Stressinduzierte Beschwerden wie Magenprobleme, Ulzera, Kopfschmerzen und Arrhythmien sind ebenfalls häufig. 4

Burnout ist zuweilen schwer zu detektieren

Doch die absoluten Prävalenzen geben hier nur ein unvollständiges und unscharfes Bild. Unterschiedliche Auswertungen gelangen zu sehr differenten Ergebnissen, je nachdem, wie "Burnout" konkret erfasst wurde und auch, wie "offen" die Befragten über bestimmte Items berichteten.
Um dem Leser nur eine Vorstellung zu geben: Erhebungen aus den USA beschreiben bei Onkologen Burnout-Raten von 45%, was mit der durchschnittlichen Prävalenz unter US-Ärzten vergleichbar ist. 3,5 Manche Arbeiten lassen eine tendenziell niedrigere Burnout-Häufigkeit in der Onkologie im Vergleich zu Akutdisziplinen wie Notfallmedizin, Familien- und innerer Medizin vermuten. 2,3,5
Andere weltweite Studien an Onkologen liefern dagegen Zahlen bis zu 70%.3 Auch Studienresultate von Hochrisiko-Populationen erreichen diese Größenordnungen, bspw. lag die Rate in der neuen ESMO (European Society for Medical Oncology) Burnout Umfrage unter Onkologen < 40 Jahren bei 71%.6

Burnout muss auf der Agenda weiter nach oben

Verschiedene Strategien, wie achtsamkeitsbasierte Interventionen, haben sich bei Burnout als wirksam gezeigt.Doch dies greift erst bei Kollegen, die bereits im Burnout sind. Wichtiger wäre, zu verhindern, dass überhaupt so viele erkranken.
Ärzte werden dringend gebraucht. Sind Zufriedenheit und psychische und physische Verfassung dauerhaft schwer beeinträchtigt, können sie für die Versorgung ausfallen – sei es aufgrund von Arbeitsunfähigkeit, Frührente oder Berufswechsel. Um dem zu begegnen, müsste sich auch an den Arbeitsbedingungen etwas ändern.

Die Gegebenheiten, die das Risiko für einen Burnout wesentlich beeinflussen, sind hinreichend beschrieben und viele von ihnen wären (theoretisch) modifizierbar. Hierzu gehören:

Folgen betreffen auch Patienten und das gesamte System

Die persönlichen, gesundheitlichen und beruflichen Folgen von Burnout können erheblich sein. Das Risiko für Alkoholmissbrauch, Suizidgedanken und depressive Symptome erhöht sich für Ärzte mit Burnout signifikant. Außerdem ist Burnout mit multiplen chronischen Erkrankungen, einem erhöhten Risiko für Verkehrsunfälle und niedrigerer körperlicher Lebensqualität assoziiert.3

Auch auf die Patientenversorgung sind negative Auswirkungen nachgewiesen, darunter häufigere Behandlungsfehler, verringerte Empathie und Altruismus sowie reduzierte Patientenzufriedenheit und -vertrauen.3

Aufgrund des stetig wachsenden Bedarfs an Onkologen (und medizinischer Versorgung generell) birgt das Problem Burnout auch das Potenzial, personelle Engpässe und den Fachkräftemangel weiter zu verschärfen, sodass sich die Belastung der verbleibenden Kollegen verschlimmert – ein Teufelskreis...

Referenzen:
1. Murali, K. & Banerjee, S. Burnout in oncologists is a serious issue: What can we do about it? Cancer Treat. Rev. 68, 55–61 (2018).
2. Wright, A. A. & Katz, I. T. Beyond Burnout - Redesigning Care to Restore Meaning and Sanity for Physicians. N. Engl. J. Med. 378, 309–311 (2018).
3. Murali, K., Makker, V., Lynch, J. & Banerjee, S. From Burnout to Resilience: An Update for Oncologists. Am Soc Clin Oncol Educ Book 862–872 (2018). doi:10.1200/EDBK_201023
4. Medisauskaite, A. & Kamau, C. Prevalence of oncologists in distress: Systematic review and meta-analysis. Psychooncology 26, 1732–1740 (2017).
5. Shanafelt, T. D. et al. Burnout and career satisfaction among US oncologists. J. Clin. Oncol. 32, 678–686 (2014).
6. Banerjee, S. et al. Professional burnout in European young oncologists: results of the European Society for Medical Oncology (ESMO) Young Oncologists Committee Burnout Survey. Ann. Oncol. 28, 1590–1596 (2017).