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Wenn Fasten zur Diagnose führt

Ein besonderer, da seltener Fall: Rezidivierende Hypoglykämien seit Jahren bei einer 32-Jährigen in gutem Allgemeinzustand. Worum könnte es sich handeln?

Ein besonderer, da seltener Fall: Rezidivierende Hypoglykämien seit Jahren bei einer 32-Jährigen in gutem Allgemeinzustand. Worum könnte es sich handeln?

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

mit dem Osterwochenende geht bekanntlich die am Aschermittwoch beginnende Fastenzeit zu Ende. Das nehmen wir zum Anlass, Ihnen mit Rückgriff auf die letztjährige Herbsttagung der DDG einen besonderen Fall zu präsentieren, in dem es auch ums Fasten geht, wenn auch zu diagnostischen Zwecken.

Der Fall: seit Jahren rezidivierende Hypoglykämien

Eine 32-jährige Frau leidet seit 8 Jahren unter rezidivierenden Hypoglykämien, zu denen es vermehrt in der Nacht oder morgens vor dem Frühstück kommt. Belastende Symptome der Unterzuckerungen sind eine verminderte Vigilanz, Schwächegefühl, Zittern und Schwindel. Abgesehen von einem deutlichen Übergewicht (BMI: 30 kg/m2) ist bei der klinischen Untersuchung nichts Auffälliges feststellbar. Ein Gewichtsverlust liegt nicht vor, der Allgemeinzustand der Patientin ist gut. Worauf tippen Sie?

Gut genährter und gesunder Patient – da kommen laut Dr. Dilek Sadet vom Universitätsklinikum Frankfurt, die den Fall präsentierte, vor allem drei Differenzialdiagnosen in Frage: Medikamente im Sinne einer Hypoglycaemia factitia, Insulinom oder Mangelernährung.

Und woran sollte bei einem schlechten Allgemeinzustand gedacht werden? In diesem Fall stünden auch Hypophysenisuffizienz, Morbus Addison, Niereninsuffizienz, Anorexie und Glykogenspeicherkrankheit auf der differenzialdiagnostischen Liste.

Fastentest bei Insulinom-Verdacht

Blutzuckersenkende Medikamente nimmt die Patientin nicht ein und an der Ernährung scheint es auch nicht zu liegen, also kommt bei ihr am ehesten ein Insulinom in Betracht. Jetzt kommt das Fasten ins Spiel, denn bei Verdacht auf Insulinom steht der stationäre Fastentest über maximal 72 Stunden zur diagnostischen Abklärung an. Während der Insulin-Glukose-Quotient bei fastenden Gesunden abfällt, steigt er bei Patienten mit Insulinom an. Auch die  Insulin- und C-Peptid-Werte sind erhöht. Es zeigt sich die für einen Insulin-produzierenden Pankreas-Tumor typische Whipple-Trias.

So war es auch im vorgestellten Fall, in dem parallel zur Hypoglykämie-Symptomatik ein Blutzuckerabfall auf 31 mg/dl gemessen wurde – Diagnose "Insulinom" gesichert.

Worauf die Frankfurter Klinikerin noch hinwies:

Zur Lokalisationsdiagnostik ist die transabdominelle Sonografie nicht sensitiv genug, stattdessen empfehlen sich die Computer- oder Magnetresonanztomografie. Vor allem bei atypischen Insulinomen kann eine zusätzliche Angiografie für die morphologische Darstellung hilfreich sein.

Therapie der Wahl ist grundsätzlich die chirurgische Resektion des Insulinoms. Für inoperable Patienten stellt eine symptomatische Behandlung mit Diazoxid die therapeutische Alternative dar. Die Wahrscheinlichkeit einer Malignität liegt bei etwa 10 %. Mitunter kann ein Insulinom auch im Rahmen einer multiplen endokrinen Neoplasie (MEN) auftreten.

Aktuelle Expertenbeiträge zu diesem Thema lesen Sie jede Woche neu im esanum Diabetes Blog.

Referenz:

Sadet D. Unklare Hypoglykämien – Insulinom D. Fallvorstellung beim DDG Symposium "Lernen von Patienten mit Diabetes: Der besondere Fall" bei der 10. Diabetes Herbsttagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), Nürnberg, 11. November 2016.