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Typ-2-Diabetes: Was bringt die intensive Lebensstil-Intervention?

Betrachten Sie Lebensstil-Interventionen bei Menschen mit Typ-2-Diabetes als aussichtslos? Der Autor eines kürzlich auf aerzteblatt.de erschienenen Beitrags geht davon aus, dass das "viele Ärzte" tun.

Betrachten Sie Lebensstil-Interventionen bei Menschen mit Typ-2-Diabetes als aussichtslos? Der Autor eines kürzlich auf aerzteblatt.de erschienenen Beitrags geht davon aus, dass das "viele Ärzte" tun. Der Folgesatz lautet: "Auch die meisten Patienten ziehen die Einnahme von Tabletten der Änderung langjähriger Gewohnheiten vor." Das klingt so, als würden sowohl Ärzte als auch Patienten – quasi unabhängig voneinander – die Tabletten präferieren. Ist das so?

Hoher Aktivitätsgrad in dänischer Studie

Es muss jedenfalls nicht so sein. Ein Beispiel dafür liefert die im betreffenden Beitrag referierte RCT-Studie aus Dänemark. Deren Teilnehmer zeigten mit einer Beteiligung von 82% bei den Sportstunden und 78% bei den Diät-Beratungen eine relativ hohe Bereitschaft zur aktiven Mitwirkung. Das mag natürlich in Teilen auch an einer gewissen Stringenz liegen, die das Studien-Setting mit sich bringt.

Den dänischen Diabetologen ging es primär um die Frage der Äquivalenz: Kann mit einer intensiven Lebensstil-Intervention bei Patienten mit Typ-2-Diabetes eine vergleichbare glykämische Kontrolle wie mit der Regelversorgung erzielt werden?

98 Patienten mit einer höchstens 10 Jahre zurückliegenden Diabetes-Diagnose wurden im Verhältnis 2:1 auf die Interventionsgruppe oder auf eine Kontrollgruppe randomisiert. 93 Teilnehmer schafften es ins Ziel der einjährigen Studie. Alle Patienten erhielten die Regelversorgung mit individueller Beratung und standardisierter, zielorientierter Pharmakotherapie.

Intensive Intervention: Aerobic, Krafttraining und Kalorienreduktion

Die zusätzliche intensive Lebensstil-Intervention sah folgendermaßen aus:

Ziel war es, den HbA1c-Wert damit unter 6,5% zu bringen und anschließend die Dosis der Medikamente zu halbieren. Das hat prinzipiell geklappt, auch wenn das vorspezifizierte  Äquivalenz-Kriterium nicht erfüllt wurde. In der Interventionsgruppe wurde der HbA1c-Wert im 12-monatigen Beobachtungszeitraum von durchschnittlich 6,65% auf 6,34% gesenkt, in der Kontrollgruppe von 6,74% auf 6,66%.

Dosisreduktion bei drei Viertel der aktiven Patienten

Beim Sekundärziel der Dosissenkung ging es den Studienautoren um einen Überlegenheitsnachweis. Tatsächlich konnte die Medikamentendosis bei intensiver Lebensstil-Intervention deutlich häufiger gesenkt werden, nämlich bei 47 Teilnehmern  (74%) gegenüber 9 Patienten (26%) in der Kontrollgruppe. Dafür gab es mit 32 vs. 5 mehr berichtete Nebenwirkungen in der Interventionsgruppe, vor allem muskuloskelettale Schmerzen oder Beschwerden und milde Hypoglykämien.

Übrigens: Die Überschrift des Ärzteblatt-Beitrags (den ein Patient zustimmend kommentiert hat) lautet "Typ-2-Diabetes: Intensive Lebensstil-Intervention kann Medikamente ersetzen". Das ist dann im Abgleich mit den berichteten Daten doch etwas hochgegriffen, aber ein typisches Beispiel für zwei häufige Medien-Mechanismen:

Davon unbenommen ist das Thema Lebensstil-Intervention bei (Prä-) Diabetes ein sehr spannendes und verdient sicherlich einen weiteren Blog-Beitrag.

Aktuelle Expertenbeiträge zu diesem Thema lesen Sie jede Woche neu im esanum Diabetes Blog.

Referenz:
Johansen MY et al. Effect of an Intensive Lifestyle Intervention on Glycemic Control in Patients With Type 2 Diabetes. A Randomized Clinical Trial. JAMA 2017;318(7):637-46.

Abkürzungen:
RCT = randomisierte kontrollierte Studie