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Erhöht Süßstoff das Diabetes-Risiko?

Süßstoff statt Zucker und wir haben ein Diabetes-Problem weniger? Schön wär’s, aber das Gegenteil ist wohl eher wahrscheinlich.

Süßstoff statt Zucker und wir haben ein Diabetes-Problem weniger? Schön wär’s, aber das Gegenteil ist wohl eher wahrscheinlich.

Lieber Zucker oder Süßstoff in den Kaffee (den wir im letzten Beitrag im Fokus hatten)? Am besten ohne, klar. Das Zucker-Problem ist bekannt, aber der Einsatz von Süßstoff ist auch umstritten. Zusätzlicher Gegenwind für die Austauschstoffe kam gerade aus Lissabon. Dort wurde beim Kongress der European Association for the Study of Diabetes (EASD) eine kleine, aber feine australische Studie vorgestellt. Ihr Befund: Der Konsum von künstlichen Süßstoffen führte bei gesunden Probanden innerhalb kurzer Zeit zu einem verschlechterten Glukose-Stoffwechsel.

Australische Studie: klein, aber fein

Die 27 Teilnehmer der randomisierten Doppelblindstudie nahmen über zwei Wochen dreimal täglich vor den Mahlzeiten eine Kapsel ein. Diese enthielt bei 13 Personen Sucralose und Acesulfam-K, bei den übrigen 14 Probanden Placebo. Die in der Verum-Gruppe konsumierte Süßstoffmenge entspricht etwa 1,2-1,5 Liter eines künstlich gesüßten Getränks (gerne als "Diätgetränk" bezeichnet, z. B. Coca Cola Zero oder Pepsi Light). Also eine ordentliche Dosis.

Nach den zwei Wochen infundierten die Wissenschaftler um Prof. Richard Young (University of Adelaide – Medical School) den nüchternen Probanden endoskopisch Glukose in den Zwölffingerdarm. Anschließend maßen sie über zwei Stunden fortlaufend die Plasmawerte an Glukose, Insulin, GLP-1, GLP-2 und GIP. In der Süßstoff-Gruppe waren die Glukose-Absorption im Darm um 20% und der Blutzucker um 27% erhöht, GLP-1 im Plasma dagegen um 35% verringert. Bei GLP-2, GIP und Insulin fanden sich keine signifikanten Unterschiede zur Placebo-Gruppe.

Gesteigerte Glukose-Absorption, verminderte GLP-1-Sekretion

Die Studienautoren bieten folgenden Mechanismus als mögliche Erklärung der beobachteten Effekte: Mit dem Süßstoffkonsum geht offenbar eine verstärkte Glukose-Aufnahme einher, wodurch weniger Glukose in die distaleren Darmabschnitte gelangt. Die dort befindlichen L-Zellen werden demnach durch eine verminderte Glukose-Exposition zu einer geringeren GLP-1-Sekretion veranlasst. Es kommt zu überhöhten postprandialen Blutzuckerspiegeln. Trotz fehlender Kalorien könnten künstlich gesüßte Getränke so die Entstehung eines Typ-2-Diabetes befördern, jedenfalls bei reichlichem Genuss.

Dieser Verdacht ist keineswegs neu. In prospektiven epidemiologischen Studien und auch tierexperimentell fanden sich bereits Hinweise auf ein erhöhtes Diabetes-Risiko. Die in Lissabon präsentierte Arbeit ist allerdings die erste beim Menschen durchgeführte Studie, die einen möglichen pathophysiologischen Erklärungsansatz liefert.

"Diätgetränke" lieber meiden!

Für Ärzte und Diabetesberaterinnen nicht neu, für manche Patienten vermutlich schon: "Diätgetränke" sollte man lieber meiden – zugunsten von Wasser oder ungesüßtem Tee, versteht sich. Ein bisschen Süßstoff im Kaffee dürfte zwar eher unbedenklich sein. Empfehlenswert erscheint er aber auch nicht.

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Referenz:
Young RL et al. Impact of artificial sweeteners on glycemic control in healthy humans. EASD Congress Lisbon 2017, Abstract 193.

Abkürzungen:
GIP = Glukoseabhängiges insulinotropes Peptid
GLP = Glucagon-like Peptide