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Alpha-Liponsäure bei diabetischer Polyneuropathie

Eine Fettsäure empfiehlt sich als sinnvolle Zusatztherapie mit günstigem Nutzen-Risiko-Verhältnis.

Eine Fettsäure empfiehlt sich als sinnvolle Zusatztherapie mit günstigem Nutzen-Risiko-Verhältnis

Zunächst zum Bekannten: Starke Blutzuckerschwankungen und chronisch zu hohe Glukosespiegel führen zur Bildung freier Radikale, die Organe und Gewebe schädigen können. Über 50% der Diabetiker entwickeln durch oxidative Schädigung der peripheren Nerven (und durch die Mikroangiopathie) eine diabetische Neuropathie. Am häufigsten ist die distal-symmetrische Polyneuropathie, die durch Manifestationen wie quälende neuropathische Schmerzen, Parästhesien, Gangunsicherheit oder schmerzlose Fußgeschwüre einen deutlichen Rückgang der Lebensqualität für die Betroffenen bedeutet. Auch eine Sonderform, die autonome Neuropathie, kann durch Symptome wie Impotenz oder Herzrhythmusstörungen sehr belastend sein.

Doch was kann man – außer einer bestmöglichen Blutzuckereinstellung – tun? Um eine mögliche Therapie-Option soll es heute gehen.

Vorteil der Alpha-Liponsäure: wasser- und fettlöslich zugleich

Alpha-Liponsäure ist eine sowohl in kleinen Mengen in der Nahrung als auch physiologisch im Körper vorkommende Fettsäure. Sie schützt über mehrere Mechanismen vor oxidativen Schäden. Unter anderem neutralisiert Alpha-Liponsäure reaktive Sauerstoff-Spezies, regeneriert andere Antioxidantien (Vitamin E, C und Glutathion), „repariert“ oxidierte Proteine und reguliert die Aktivität von antioxidativ wirkenden Genen, Enzymen und Rezeptoren.1

Von allen bedeutsamen Antioxidantien besitzt nur Alpha-Liponsäure eine Struktur, die sie wasser- und fettlöslich zugleich macht. Dadurch kann sie fast überall wirken - im wässrigen Zytoplasma, im Blut und im Extrazellulärraum ebenso wie an den fetthaltigen Zellmembranen, Lipoproteinen im Blut, oder eben: den fetthaltigen Nervenscheiden.

Wie ist die Studien-Lage?

Die Alpha-Liponsäure wird seit einigen Jahren zunehmend besser verstanden – eine Auswahl wegweisender Studienergebnisse sei hier exemplarisch vorgestellt.

Eine Meta-Analyse, in die 15 randomisierte, kontrollierte Studien eingeschlossen wurden (Therapiegruppe 300-600 mg Alpha-Liponsäure/Tag i.v. über 2-4 Wochen, Kontrollgruppe keine Therapie), zeigte eine signifikante Verbesserung der Nervenleitgeschwindigkeit und der PNP-Beschwerden in den Alpha-Liponsäure-Gruppen.2 Schwere UAWs durch Alpha-Liponsäure wurden nicht beobachtet.

Auch ein systematisches Review von fünf randomisierten, Plazebo-kontrollierten Studien und einer Meta-Analyse ergab eine signifikante und klinisch relevante Reduzierung der neuropathischen Schmerzen durch i.v.-Gabe von 600 mg Alpha-Liponsäure täglich für drei Wochen (Empfehlungsgrad A). Nach 3-5 Wochen oraler Gabe von ≥600mg/ Tag waren ebenfalls statistische signifikante Verbesserungen zu beobachten, die aber klinisch nicht so deutlich waren. Jedoch führten beide Darreichungsformen zu einer 50%igen Reduktion des TSS (Total Symptom Score).

Vitamin B12 + Alpha-Liponsäure effektiver als B12 allein

Nachdem ein Mangel an B-Vitaminen (B3, B6, B12), Folsäure oder Vitamin E auch ohne Vorliegen eines Diabetes eine Neuropathie verursachen kann, verglich eine Arbeit (Meta-Analyse aus 17 Studien an Diabetes-Patienten) die Effizienz einer Therapie mit Methylcobalamin plus Alpha-Liponsäure (300-600 mg i.v.) mit der einer alleinigen Methylcobalamin-Gabe (500-1000 mg i.v. oder i.m.).4

Die Kombination mit Alpha-Liponsäure zeigte sich der Monotherapie überlegen, u.a. gemessen an einer verbesserten Nervenleitgeschwindigkeit.

Nicht nur die Polyneuropathie wird verbessert

Neben den antioxidativen Eigenschaften ist die Alpha-Liponsäure auch ein essentieller Cofaktor der Atmungskette in den Mitochondrien und steht in dem Ruf, die Zucker- und Fettverbrennung zu verbessern.

In der ersten Studie zu diesem Thema wurden 360 adipöse Patienten (BMI ≥ 30 oder BMI 27-30 und Hypertonus, Diabetes oder Hypercholesterinämie) doppelblind in drei Kohorten randomisiert (1.200, 1.800 mg Alpha-Liponsäure oder Plazebo). Alpha-Liponsäure 1.800 mg/Tag für 20 Wochen führte zu einer mäßigen, aber statistisch signifikanten Gewichtsreduzierung.5 Wie in den anderen Untersuchungen auch, kam es zu keinerlei schweren Nebenwirkungen. Am häufigsten traten milde und transiente Urtikaria und Juckreiz auf.

Andere Arbeiten lassen weitere Benefits einer Supplementierung mit Alpha-Liponsäure vermuten, wie:

Weitere Studien erforderlich

Probleme sind hier allerdings eine teilweise mangelhafte Studienqualität oder zu kleine Stichproben - möglicherweise auch eine zu niedrige Dosierung. Weitere Plazebo-kontrollierte Studien wären daher vonnöten, um den Nutzen der Alpha-Liponsäure noch besser beurteilen zu können.

Aktuelle Expertenbeiträge zu diesem Thema lesen Sie jede Woche neu im esanum Diabetes Blog.

Referenzen:
1. Golbidi, S., Badran, M. & Laher, I. Diabetes and Alpha Lipoic Acid. Front. Pharmacol. 2, (2011).
2. Han, T., Bai, J., Liu, W. & Hu, Y. A systematic review and meta-analysis of α-lipoic acid in the treatment of diabetic peripheral neuropathy. Eur. J. Endocrinol. 167, 465–471 (2012).
3. Mijnhout, G. S., Alkhalaf, A., Kleefstra, N. & Bilo, H. J. G. Alpha lipoic acid: a new treatment for neuropathic pain in patients with diabetes? Neth. J. Med. 68, 158–162 (2010).
4. Xu, Q. et al. Meta-analysis of methylcobalamin alone and in combination with lipoic acid in patients with diabetic peripheral neuropathy. Diabetes Res. Clin. Pract. 101, 99–105 (2013).
5. Koh, E. H. et al. Effects of alpha-lipoic Acid on body weight in obese subjects. Am. J. Med. 124, 85.e1-8 (2011).
6. Alpha-Liponsäure. Foundation OrthoKnowledge (2012). http://www.orthoknowledge.eu/alpha-liponsaure/