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Telomerlänge und das Risiko für idiopathische pulmonale Fibrose

Eine große Studie liefert die bislang stärkste Evidenz dafür, dass kurze Telomere mit einem höheren Risiko für IPF einher gehen.

Eine große Studie liefert die bislang stärkste Evidenz dafür, dass kurze Telomere mit einem höheren Risiko für IPF einher gehen. 

Die idiopathische pulmonale Fibrose (IPF) ist – wenngleich insgesamt selten – die häufigste und mit einer mittleren Überlebenszeit von 3–4 Jahren die prognostisch ungünstigste idiopathische interstitielle Pneumonie.1
Die Ursachen sind noch immer nicht im Detail verstanden. Doch die zelluläre Seneszenz wird als eine wichtige treibende Kraft bei IPF vermutet.

Unsere Telomere, eine protektive Komponente an den Enden der Chromosomen, werden mit dem Alter physiologisch kürzer. Eine vorzeitige oder beschleunigte Verkürzung kann die Regenerationsfähigkeit des Körpers beeinträchtigen und steht in Verdacht, an der Entstehung diverser gesundheitlicher Probleme beteiligt zu sein.2
So wurden für die familiäre Form der pulmonalen Fibrose in etwa einem Drittel der Fälle kausale Gene identifiziert, von denen die Mehrheit mit der Erhaltung der Telomere zu tun hat. Eine verfrühte Verkürzung von Telomerlängen in den Leukozyten ist mit dem Auftreten von IPF assoziiert.3

Telomerverkürzung könnte ein beitragender Faktor bei IPF sein

Zur Untersuchung der Richtung dieses Zusammenhangs (sind verkürzte Telmore eine Ursache oder Folge von IPF?) führten Wissenschaftler der Universität Exeter eine aufwendige Mendelsche Randomisierungsstudie durch. Sie analysierten genetische Daten von 1.369 Patienten mit IPF aus der sehr großen 'UK Biobank'-Studie und verglichen diese mit ähnlichen Kohorten, um ihre Ergebnisse zu validieren.

Eine um eine Standardabweichung kürzere Telomerlänge war sowohl in der 'UK Biobank' als auch in der Replikationskohorte mit einer signifikant höheren Wahrscheinlichkeit für IPF assoziiert.
Die Meta-Analyse der Ergebnisse der Mendelschen Randomisierung mit zwei Stichproben lieferte Hinweise dafür, dass es sich um einen kausalen Zusammenhang handelt, dass also kürzere Telomere IPF verursachen (5,81 höhere Odds für IPF, 95% KI 3,56-9,50; p = 2,19 × 10-12).

COPD ist eine Erkrankung mit vergleichbarer Demographie und zum Teil gemeinsamen Risikofaktoren, so ist eine verkürzte Telomerlänge von Leukozyten ebenfalls mit dem Auftreten einer COPD assoziiert.
Daher führten die Forscher die gleichen komplexen genetischen Analysen auch für 13,5 Tsd. COPD-Patienten aus der 'UK Biobank' durch. Es ergab sich hieraus jedoch kein Anhalt für eine Rolle der Telomerlänge für die COPD, was divergente pathogenetische Mechanismen annehmen lässt.

Neue Richtung für Frühdiagnostik, Prävention und Therapie

"Die Kenntnis einer Schlüsselrolle der Telomerverkürzung ermöglicht eine stärkere Fokussierung auf telomerbezogene Diagnostik, Behandlungen und die Suche nach einer kurativen Therapie bei IPF. Die Erforschung von Therapien, die die Telomerlänge verbessern, wäre sinnvoll" resümieren die Wissenschaftler in ihrer Publikation im Lancet Respiratory Medicine.3

Einer der Autoren, Dr. Chris Scotton, PhD, sieht darin eine wichtige Botschaft: "Das bedeutet, dass wir nach neuen Wegen Ausschau halten können, um IPF vorzubeugen oder zu behandeln, und es ist ein weiterer Grund, sich einen gesünderen Lebensstil anzueignen – denn Stressabbau und mehr Bewegung können dazu beitragen, die Telomere länger zu erhalten."2

Referenzen:
1. Ärzteblatt, D. Ä. G., Redaktion Deutsches. Diagnostik und Therapiemöglichkeiten bei idiopathischer Lungenfibrose. Deutsches Ärzteblatt https://www.aerzteblatt.de/archiv/151859/Diagnostik-und-Therapiemoeglichkeiten-bei-idiopathischer-Lungenfibrose (2013).
2. Research sheds new light on cause of deadly lung disease. https://medicalxpress.com/news/2020-12-deadly-lung-disease.html.
3. Duckworth, A. et al. Telomere length and risk of idiopathic pulmonary fibrosis and chronic obstructive pulmonary disease: a mendelian randomisation study. The Lancet Respiratory Medicine 9, 285–294 (2021).