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Pneumologische Reha: erhöhter Bedarf durch COVID-19

Erfahrene Pneumologen sind in Corona-Zeiten noch mehr gefragt als sonst. Denn unter "genesenen" COVID-19-Patienten gibt es einen erhöhten Kontroll-, Nachsorge- und Rehabilitationsbedarf.

Erfahrene Pneumologen sind in Corona-Zeiten noch mehr gefragt als sonst. Denn  unter "genesenen" COVID-19-Patienten gibt es einen erhöhten Kontroll-, Nachsorge- und Rehabilitationsbedarf.

Wir knüpfen nochmal an den letzten Beitrag zu den Folgen einer Infektion mit SARS-CoV-2 an: Wann gilt ein COVID-19-Patient als genesen?

"Genesen" bedeutet nicht "gesund"

Laut den Kriterien des Robert-Koch-Instituts ist das der Fall, wenn mindestens 48 Stunden lang keine Symptome wie Husten oder Fieber auftreten, zwei Rachenabstrichtests im Abstand von 24 Stunden negativ ausfallen und die ersten Symptome mindes­tens 2 Wochen zurückliegen. "Genesen" heißt aber nicht unbedingt "gesund". Auch nach Abklingen der Infektion können Lungenfunktion und körperliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigt sein.

Aktuell gelten laut RKI-Dashboard etwa 176.300 COVID-19-Betroffene in Deutschland offiziell als "genesen" (Stand: 24.06.2020). Wie viele von ihnen sich aber tatsächlich vollständig von den Auswirkungen des Virusbefalls erholt haben, ist eine andere, bislang unbeantwortete Frage. In einer Pressemitteilung der DGP vom 17.06.2020 sagt Prof. Andreas Rembert Koczulla, Chefarzt des Fachbereichs Pneumologie der Schön Klinik Berchtesgadener Land: "CT-Bilder der Lungen von genesenen COVID-19-Patienten legen nahe, dass viele von ihnen nicht wirklich gesund sind, sondern als Folge der Infektion mehr oder weniger starke Lungenschäden aufweisen."

DGP-Empfehlungen zur pneumologischen Reha nach COVID-19

Koczulla ist Mitautor eines Positionspapiers mit Empfehlungen zur pneumologischen Rehabilitation bei COVID-19 (PDF-Link), auf das die DGP in ihrer Pressemitteilung ebenso aufmerksam macht wie auf den Bedarf an rehabilitativen Maßnahmen aufgrund der gesundheitlichen Folgen der Viruserkrankung. Das Papier selbst hat die DGP bereits am 4. Juni veröffentlicht. Einen Tag später stellte die Deutsche Gesellschaft für Physikalische und Rehabilitative Medizin (DGPRM) ihre „Best Practice Empfehlungen für die frühe Rehabilitation von Patient/innen mit COVID-19“ (PDF-Link) online.

Die DGP-Empfehlungen befassen sich zunächst mit Verlauf, Schweregrad und  gesundheitlichen Folgen von COVID-19 und anschließend mit der Indikationsstellung sowie mit den Kriterien für die Reha-Fähigkeit nach überstandener Erkrankung. Es werden die strukturellen Anforderungen an die Reha-Einrichtung skizziert, die u. a. eine komplette pneumologische Funktionsdiagnostik beinhaltet. Neben internistischer Diagnostik vor Ort, Herzecho vor Verlegung oder zum Reha-Beginn und wiederholter körperlicher Leistungstestung muss auch die Erfassung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität und einer psychischen Begleitsymptomatik berücksichtigt werden.

Weitere Empfehlungen betreffen das Hygiene-Konzept, die personellen Voraussetzungen (u. a. Leitung der Institution bzw. Abteilung durch einen Pneumologen!) und schließlich die Ziele, Inhalte und Maßnahmen der pneumologischen Reha im Detail.

Keine vorschnellen Schlüsse zur Dauerhaftigkeit der Einschränkungen …

Natürlich sollte man, solange nicht genügend Beobachtungszeit verstrichen und Evidenz verfügbar ist, niemanden unnötig verunsichern: weder Patienten und Ärzte noch die Öffentlichkeit. Die DGP-Autoren betonen das auch im Hinblick auf die noch mangelnde Kenntnis von Langzeitauswirkungen auf die allgemeine berufliche Leistungsfähigkeit oder die Häufigkeit einer drohenden Pflegebedürftigkeit von Patienten nach COVID-19. Mit Aussagen und vorschnellen Schlüssen bezüglich dauerhafter Einschränkungen sollte man zurückhaltend sein und für eine abschließende Beurteilung ein 3- bis 6-monatiges Verlaufsintervall abwarten.

Andererseits gibt es ja neben den aktuellen Hinweisen auf pulmonale Dauerschäden auch die Vorerfahrungen mit SARS und MERS, auf die im DGP-Positionspapier ebenso hingewiesen wird wie auf die negativen Folgen einer mehrwöchigen invasiven Beatmung, der sich ein großer Teil der intensivpflichtigen Patienten unterziehen muss.

Je nach Schwere der COVID-19-Erkrankung und Dauer der künstlichen Beatmung sind unterschiedliche Reha-Maßnahmen zu ergreifen. Bei schweren Verläufen können diese dann eher einer fortgesetzten Akutversorgung ähneln als einer klassischen Rehabili­tation. Aufgrund der Komplexität der Krankheitsfolgen, die eine permanente internistisch-pneumologische Überwachung erforderlich macht, und angesichts fehlender ambulanter Reha-Strukturen hierzulande wird sich das Geschehen überwie­gend stationär abspielen. Laut DGP sind dafür etwa 5.000 pneumologische Reha-Plätze in Deutschland verfügbar.

… aber rasche Weichenstellung für eine optimierte Nachsorge

"Noch haben wir Zeit, um uns auf diese neue Herausforderung strukturell vorzubereiten", betont DGP-Präsident Prof. Michael Pfeifer (Regensburg). Außerdem weist er darauf hin, dass der höhere Aufwand zwingend in den Pflegesätzen abgebildet werden muss, "um schon jetzt die Weichen für die Nachsorge von COVID-19-Patienten zu stellen".

Die Corona-Pandemie sorgt bei vielen Themen für ein Umdenken oder zumindest für starke Impulse zum Umdenken, nicht nur im digitalen Bereich. Es ist zu hoffen, dass das auch für das bisher unzureichend genutzte Potenzial der pneumologischen Reha gilt – und die Widrigkeiten im Versorgungs- und Erstattungsalltag. Aktuell erhebt die DGP Daten zur Versorgungskapazität von pneumologischen Reha-Einrichtungen und erfasst die apparative und personelle Expertise von stationären Kliniken mittels Fragebogen. Auf die Ergebnisse und auf die künftige Post-Corona-Nutzung der Reha-Möglichkeiten darf man gespannt sein.

Abkürzungen:
DGP = Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V.