Eine schwindelerregende Anzahl möglicher diagnostischer Biomarker wurde in Studien bereits untersucht, um das Malignitätsrisiko solcher fokaler Verschattungen besser abschätzen zu können: Biomarker auf Proteinbasis, Autoantikörper, Modelle mit klinischen und demografischen Variablen, multidimensionale radiologische Merkmale ("Radiomics") und Signaturen, die Proteomics, Genomics, Transcriptomics, Metabolomics usw. nutzen.2
Einem Team des 'Vanderbilt-Ingram Cancer Center' ist es gelungen, aus der Vielzahl der Parameter solche herauszusuchen, die keine zusätzliche Patientenbelastung darstellen (CT und Blutentnahme sind ohnehin erfolgt) und aus diesen verfügbaren Parametern ein Vorhersagemodell zu entwickeln, welches an einer unabhängigen Kohorte auch validiert werden konnte. Das Fazit: nicht an Krebs Erkrankten blieb so in einem von acht Fällen ein unnötiger invasiver Eingriff erspart.3,4
Die inzidentelle Entdeckung eines Lungenknötchens ist so häufig, dass die Betroffenen, sofern keine positive Anamnese für Krebs oder Rauchen besteht, oft für sechs Monate nach Hause geschickt werden. "Die Biopsie ist das einzige Mittel zur endgültigen Diagnose, doch Bronchoskopie oder Nadelbiopsie sind mit Kosten und Risiken verbunden, insbesondere bei peripher gelegenen Knoten, bei denen die Pneumothorax-Rate bei etwa 20 Prozent liegt", erklärt Erstautor Michael Kammer, Ph.D. Diese Risiken einer Biopsie seien als möglicherweise nicht gerechtfertigt anzusehen, da sich nur etwa 5 Prozent der Läsionen als bösartig erweisen. "Aber diese fünf Prozent können aggressiv sein, und sechs Monate später kann es schon zu spät sein."4
Das Team wertete Daten von 456 Personen mit einem zufällig entdeckten Lungenherd aus, denen gemäß bisheriger veröffentlichter Standards (Mayo Clinic-Modell) ein mittleres Risiko für Lungenkrebs zu attestieren gewesen wäre. Das Risiko wurde dann anhand des neuen Modells bewertet. In der gutartigen Population mit mittlerem Risiko konnten invasive Verfahren von 63 auf 51 Prozent reduziert und die mittlere Zeit bis zur Krebsdiagnose bei den malignen Fällen mit mittlerem Risiko von 60 auf 21 Tage verkürzt werden, wie eine klinische Nutzwertanalyse an zwei Kohorten ergab.
Zu den Limitationen der Analyse gehören, dass CYFRA 21-1 (noch) kein Routinemarker ist und dass Vanderbilt als Haus der Maximalversorgung möglicherweise eine verzerrte Zusammensetzung der Studienpopulation aufweist. Ein veröffentlichter Kommentar zur Studie bringt das Thema auf subsolide Herde.5 Letztere werden in CTs inzidentell zunehmend häufiger entdeckt und erfordern konventionell ein anderes Vorgehen. Sie können sich als reine Milchglastrübung darstellen oder aber zusätzlich solide Anteile aufweisen. Rein milchglastrübe Läsionen sind häufig präinvasiv (bspw. bei atypischer adenomatöser Hyperplasie oder Adenokarzinomen in situ). Knoten mit zusätzlicher solider Komponente entsprechen häufiger invasiven Veränderungen. Beiden Formen gemeinsam ist allerdings eine so langsame Wachstumsgeschwindigkeit, dass viele den Betroffenen wahrscheinlich niemals schaden werden, argumentieren mehrere Vorarbeiten.1,6 Eine Abklärung ist laut diesen dringlich indiziert, wenn sich der solide Anteil um mehr als 2 mm vergrößert.
Kammer et al. antworteten hierauf, dass an ihrem Zentrum tendenziell aggressiver überwacht wird als im Landesdurchschnitt, bei subsoliden Knoten auch deutlich länger als zwei Jahre, aber geben auch zu bedenken, dass viele weniger verdächtige subsolide Knoten, die sich im Laufe der Zeit stabil verhalten, wahrscheinlich nie an ihr Zentrum überwiesen werden (Selektionsbias).7
Wir dürfen gespannt sein: im nächsten Schritt wird der Ansatz über zwei Jahre hinweg prospektiv in Vanderbilt oder dem Schwesterzentrum der Studie, der University of Colorado, getestet.